Was passiert, wenn Rot-Grün 2018 die Landtagswahl gewinnt?
Die Umfragen stehen nicht gut für eine Fortsetzung von Rot-Grün nach der Landtagswahl in gut 13 Monaten. Dass beide Parteien noch einmal eine Mehrheit bekommen, ist nach heutigem Stand wohl wenig wahrscheinlich. Aber in politisch stürmischen Zeiten wie diesen kann sich bis Januar 2018 noch viel entwickeln, und so gibt es in beiden Regierungsparteien Szenarien, wie eine mögliche Fortsetzung von Rot-Grün 2018 aussehen könnte. Die SPD, soviel zeichnet sich schon ab, wird im Wahlkampf vor allem die Stärke ihres Ministerpräsidenten Stephan Weil herausstellen, dahinter verblasst dann die Mannschaft. Auch die Grünen setzen auf ihre vier Minister, die alle – wie es heißt – gern in ihren bisherigen Ressorts weitermachen möchten. Neu ist, dass von 2018 an jeder Grünen-Minister von seiner Partei aufgefordert wird, sein Parlamentsmandat abzugeben. Und bei den Grünen ist es ratsam, auf eine solche Bitte zu hören.
[caption id="attachment_13989" align="aligncenter" width="400"] Gilt als kommender Mann: Christos Pantazis - Foto: SPD-Fraktion[/caption]
Soweit die ersten Signale. Aber hinter den Kulissen verschiebt sich doch einiges, manche Probleme treten zutage. Werden wirklich alle Ministerien optimal geführt? Bei den Grünen gibt es zuweilen Hinweise, Umweltminister Stefan Wenzel mache zu wenig aus seinem Amt, Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic ebenfalls. Aber vereinzelte Kritiker haben noch keinen Sturm der Ablehnung entfachen können. Gemeinhin gilt Christian Meyer als starker Minister, das stellt auch der Realo-Flügel nicht mehr in Frage. Bei der SPD ragen zwei Figuren aus der Ministerriege positiv hervor – Boris Pistorius (Inneres) und Olaf Lies (Wirtschaft). Pistorius wird demnächst verkünden, in Osnabrück-West, dem früheren Christian-Wulff-Wahlkreis, für die SPD zur Landtagswahl anzutreten. Wie Lies kommt auch er aus dem Bezirk Weser-Ems, der in SPD-Führungspositionen derzeit gut repräsentiert ist. Die Weser-Ems-SPD wird von der Landtagsfraktionsvorsitzenden Johanne Modder geführt.
Als starke Figur im Kabinett wird auch Finanzminister Peter-Jürgen Schneider wahrgenommen, der zwar in Hannover wohnt, aber aus Salzgitter stammt und im SPD-Bezirk Braunschweig verwurzelt ist. Schneider setzt als Senior im Kabinett seine Marschrichtung durch, verantwortet nächstes Jahr den ersten Landeshaushalt ohne neue Schulden in der Landesgeschichte und gilt auch sonst als jemand, der sich durch keinen politischen Sturm irritieren lässt. Allerdings: Schneider wird nächstes Jahr 70, niemand würde es ihm verübeln, wenn er sich zurückziehen wollte. Das brächte aber zwei große Probleme mit sich. In der Landtagsfraktion ist kein ausgewiesener Haushaltspolitiker, zumal Renate Geuter aus Vechta ebenfalls Rückzugsgedanken hegt und Holger Heymann nach seiner Wahl zum Wittmunder Landrat den Landtag gerade erst verlassen hat. Hannovers bisheriger Stadtkämmerer Marc Hansmann gilt in der Niedersachsen-SPD als einer der besten Finanzexperten, und er hatte kürzlich auch das Angebot, in die Landespolitik zu wechseln. Doch Hansmann entschied sich zunächst, in den Vorstand der hannoverschen Stadtwerke zu gehen. Dass er von dort zurückzuholen wäre, gilt mittlerweile als wenig wahrscheinlich.
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Ein Rückzug Schneiders würde noch ein anderes Problem zutage fördern: Wer stünde dann für die Braunschweiger im Kabinett? Dass der SPD-Bezirk auf einen Ministerposten verzichten würde, ist unvorstellbar. Aber aus dem Braunschweiger Raum drängen sich nur wenige Namen auf. Vielleicht die Wolfenbütteler Landrätin Christiana Steinbrügge? Der Arzt und Landtagsabgeordnete Christos Pantazis (41) aus Braunschweig gilt als kommender Mann, Sozialminister kann er aber kaum werden – denn er ist ein Mann, und zu dem Ressort gehört auch die Frauenpolitik.
Fraglich ist auch, ob die beiden SPD-Frauen im Kabinett bei einer Fortsetzung von Rot-Grün überhaupt bleiben würden. Von Sozialministerin Cornelia Rundt aus Walsrode weiß man, dass sie nicht für den Landtag kandidieren will, gleichzeitig aber intern signalisiert hat, gern Ministerin bleiben zu wollen. Offiziell sagt sie dazu nur: „Zu gegebener Zeit werde ich mich entscheiden“. Viel Unmut bekam in den vergangenen Monaten auch Kultusministerin Frauke Heiligenstadt aus Northeim zu spüren, auch in der SPD-Landtagsfraktion. Das Krisenmanagement stimme nicht, ihr Auftreten sei nicht souverän genug, die riesigen Investitionen in die Bildung würden nicht richtig verkauft. Doch in jüngster Zeit wird Heiligenstadt auch bei Rot-Grün wieder milder beurteilt. Dazu hat auch eine interne Untersuchung beigetragen, die zeigte, dass der SPD trotz vieler aktueller Probleme in der Bildungs- und Sozialpolitik immer noch eine hohe Kompetenz zugesprochen wird. Manche Beobachter gehen nun davon aus, Heiligenstadt habe ihr Tal durchschritten und sei nun gestärkt für eine neue Amtszeit.
Vielleicht trägt zu diesem Eindruck auch noch etwas anderes bei: Es gibt in der SPD-Landtagsfraktion einige junge Leute, von denen sich manche durchaus um eine Profilierung bemühen – aber viele ältere trauen ihnen offenbar noch nicht zu, in die erste Reihe aufzusteigen. Das gilt für Wiard Siebels aus Aurich, der sich im Agrarbereich engagiert, Maximilian Schmidt aus Celle, Kathrin Wahlmann aus Osnabrück, Marco Brunotte aus Hannover oder auch Grant Hendrik Tonne aus Nienburg, der als Parlamentarischer Geschäftsführer schon zu den führenden Leuten der Fraktion gehört. Nach ganz vorn, ins Kabinett, hat die SPD diese Leute zwischen 30 und 40 noch nicht vorrücken lassen. Bisher jedenfalls. (kw)Dieser Artikel erschien in Ausgabe #214.