30. Juni 2020 · 
Soziales

Online-Umfrage zur Pflegekammer könnte am 20. Juli noch einmal starten

Einmal mehr steht die niedersächsische Pflegekammer an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Landtags. Von einer „unendlichen Geschichte“ ist im Titel der von der FDP beantragten aktuellen Debatte die Rede. Inzwischen wird der Druck auf Sozialministerin Carola Reimann größer, die offenen Fragen rund um die Kammer anzugehen und die im ersten Anlauf gescheiterte Mitgliederumfrage ein weiteres Mal auf den Weg zu bringen. Informationen des Politikjournals Rundblick zufolge ist im Ministerium geplant, dass die Umfrage etwa ab dem 20. Juli, also in zweieinhalb Wochen, neu gestartet werden könnte. Geht es nach dem CDU-Sozialpolitiker Volker Meyer, wäre das reichlich spät, schließlich sind zu dem Zeitpunkt bereits die Sommerferien in Niedersachsen angebrochen.
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Inzwischen habe das Ministerium auch genügend Zeit gehabt, sowohl die Frage, ob die Mitglieder eine Pflegekammer wünschen, neu zu formulieren, als auch die technischen Probleme in den Griff zu bekommen. „Es müsste doch eigentlich möglich sein, die Online-Umfrage in unter 14 Tagen neu auf den Weg zu bringen“, sagt Meyer dem Politikjournal Rundblick. Andernfalls müsste man über eine Verlängerung des Umfragezeitraums nachdenken, damit dieser nicht komplett in die Ferienzeit fällt. Heute Nachmittag ist ein Gespräch zwischen Sozialministerium und Regierungsfraktionen terminiert, um unter anderem über den weiteren Ablauf der Online-Umfrage zu sprechen. Die Umfrage war gestoppt worden, nachdem herausgekommen war, dass Umfragebögen teilweise manipuliert werden konnten. Dies betraf am Ende zwar nur einen sehr geringen Teil. Dennoch kam man im Ministerium, auch nach Druck von außen, zu dem Ergebnis, dass man um einen Neustart nicht herumkommt.
Es sieht so aus, als ob die Sozialministerin den politischen Willen der Fraktionen hintertreibt.
FDP-Fraktionschef Stefan Birkner wundert sich derweil über das Arbeitstempo des Sozialministeriums. Er sei irritiert, dass der Landtag bereits im vergangenen Jahr einen Haushalt beschlossen habe, aber ein halbes Jahr später immer noch nicht klar sei, wie der Kammer die nötigen Gelder für die Beitragsfreiheit zur Verfügung gestellt werden sollen. „Es sieht so aus, als ob die Sozialministerin den politischen Willen der Fraktionen hintertreibt“, sagt Birkner im Rundblick-Gespräch. Vielleicht gebe es ja insgeheim die Hoffnung, dass man nach einem eindeutigen Umfrageergebnis gegen die Kammer das leidige Thema abhaken könne, mutmaßt der FDP-Fraktionsvorsitzende. Bei der Online-Umfrage könnte sich Birkner auch einen Neustart direkt nach den Sommerferien vorstellen. Wichtig sei, dass der Umfragezeitraum nicht maßgeblich in die Ferienzeit falle. Der FDP-Politiker wundert sich allerdings darüber, dass das Ministerium auch bei der Überarbeitung der Umfrage zeitlich hinterherhinkt. Man hätte sich schon längst mit dem Beirat zur Pflegekammer und den Regierungsfraktionen zusammensetzen können, um das weitere Vorgehen abzuklären, meint Birkner.

Pflegebündnis geht auf Sozialministerin zu

Parallel dazu geht das Pflegebündnis Niedersachsen, ein Zusammenschluss von Kammerkritikern, auf die Sozialministerin zu. In einem Schreiben, das Reimann bereits in der vergangenen Woche geschickt wurde und auch den Obleuten im Sozialausschuss vorliegt, wird Reimann für ihre Entscheidungen gelobt, die Umfrage abzubrechen und neu zu starten, sowie die umstrittene Frage – die Kritiker sprechen von einer „politischen Frage“ – umzuformulieren. Man sei deshalb bereit, im Beirat zur Pflegekammer wieder mitzuarbeiten, aus dem sich das Pflegebündnis zuvor aus Protest zurückgezogen hatte. Nach Rücksprache mit dem ehemaligen Beiratsmitglied Kai Boeddinghaus, Geschäftsführer des Bundesverbands freie Kammern, könne man „die erfreuliche Mitteilung machen, dass auch er für eine solche konstruktive Zusammenarbeit zur Verfügung steht“, schreibt das Bündnis der Sozialministerin. Trotz aller „atmosphärischen Differenzen“ bleibe ein sachlicher und korrekter Umgang stets die Maxime, betonen die Kammerkritiker. Eine konstruktive Lösung könne es nur mit gemeinsamen Bemühungen geben. „Deswegen haben wir uns entschlossen, Ihnen dieses Angebot zur erneuten Mitarbeit im Beirat zu machen“, so das Pflegebündnis.

In Sachsen-Anhalt fordert die AfD eine Pflegekammer

Während die Mehrheit der Fraktionen im niedersächsischen Landtag das Thema Pflegekammer nach den Querelen der vergangenen Jahre am liebsten hinter sich lassen würde, gehen die Debatten in anderen Parlamenten in eine ganz andere Richtung. In Niederachsen steht der AfD-Sozialpolitiker Stephan Bothe an der Spitze der Kammerkritiker, in Sachsen-Anhalt fordert die AfD im Landtag dagegen die Gründung einer Pflegekammer. „Die Bedürfnisse der Bevölkerung des Landes nach qualitativ hochwertiger und flächendeckender Versorgung mit Pflegeleistungen brauchen die hörbare Stimme der unabhängig und selbstverwaltet organisierten Pflegefachkräfte im Land“, heißt es in einem Antrag der AfD im sachsen-anhaltinischen Landtag. Vorgeschlagen wird darin übrigens, die Gründung mit einer Anschubfinanzierung zu bezuschussen – in Höhe von lediglich 300.000 Euro.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #123.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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