
Mitarbeiter von Arztpraxen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen und -diensten müssen seit März eine Corona-Impfung haben – wenn sie weiter in Kontakt mit Patienten oder Bewohnern kommen wollen. Das sieht das Bundesgesetz so vor. Wie aber läuft die Umsetzung dieser „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ in Niedersachsen? Eine Nachfrage des Politikjournals Rundblick beim Sozialministerium ergab, dass die Fälle von widerstrebenden Mitarbeitern bisher offenbar doch recht überschaubar geblieben sind. Bis Mitte Juni, als das Ministerium zuletzt bei den Einrichtungen abgefragt hatte, waren nur zwei „befristete Verbotsbescheide“ erteilt worden. Das heißt, in zwei Fällen ist es Mitarbeitern behördlich untersagt worden, wegen der fehlenden Impfung ihrer Arbeit nachzugehen oder ihren Arbeitsplatz aufzusuchen. Insgesamt gibt es 240.000 Mitarbeiter in diesen Bereichen in Niedersachsen.
Aus den Zahlen, die das Ministerium mitteilt, wird ein Lern- oder Anpassungsprozess erkennbar. Denn zunächst waren den 42 Gesundheitsämtern der Kreise und kreisfreien Städte mehr als 16.000 Menschen gemeldet worden, die zunächst ihrer Verpflichtung, dem Arbeitgeber die eigene Corona-Impfung vorzulegen, nicht oder nicht ausreichend nachgekommen waren. Mehr als 7000 Fälle davon, also fast die Hälfte, hatten sich allerdings ziemlich schnell erledigt – die Betroffenen reichten die nötigen Unterlagen dem Gesundheitsamt nach, sie konnten gleich darauf also wieder ihre Tätigkeit aufnehmen. Etliche wiesen auch nach, dass sie schon erkrankt waren und inzwischen genesen sind, also den Impfschutz nicht benötigten. Allerdings verweist das Sozialministerium auch auf hartnäckige Fälle: Bei 564 Personen musste das jeweilige Gesundheitsamt eine erneute Aufforderung verschicken und dabei auch ein Bußgeld androhen. Das ging in 376 Fällen sogar so weit, dass die Behörde ein Tätigkeits- oder Betretungsverbot in Aussicht gestellt hat. In 43 Fällen sind sogar die Ermittlungsbehörden eingeschaltet worden, die Betroffenen bekamen es also mit Polizei und Staatsanwaltschaft zu tun.
„In Niedersachsen setzen wir die einrichtungsbezogene Impfpflicht konsequent um und stellen fest."
Daniela Behrens
Nun weist das Sozialministerium allerdings auch darauf hin, dass der weitere Verlauf der Dinge dann nicht immer in engem Kontakt mit den Behörden geschehen ist. Vor allem bleibt unklar, ob es arbeitsrechtliche Konsequenzen gegeben hat, die Mitarbeiter entlassen oder in andere Abteilungen strafversetzt wurden. Zum Äußersten, also dem förmlichen Arbeits- oder Betretungsverbot, ist es eben nur in zwei Fällen gekommen. Auf der anderen Seite berichtet das Sozialministerium allerdings auch von rechtlichen Auseinandersetzungen als Folge der Anordnungen. In Niedersachsen sind landesweit bisher 127 Klagen anhängig – vermutlich in den meisten Fällen von Mitarbeitern, die sich gegen die Auflagen des Gesundheitsamtes wehren und nicht einsehen, dass sie als Voraussetzung für ihre Arbeit eine Corona-Schutzimpfung über sich ergehen lassen müssen. Vor Gericht streiten sich die Betroffenen in diesen Fällen dann nicht mit dem Land Niedersachsen, sondern mit ihrem kommunalen Gesundheitsamt, das die Anweisung verantwortet. Sozialministerin Daniela Behrens (SPD) sagt, die Impfpflicht sei „angemessen und verhältnismäßig“: „In Niedersachsen setzen wir die einrichtungsbezogene Impfpflicht konsequent um und stellen fest, dass sich die überwältigende Mehrheit der Beschäftigten in den betroffenen Bereichen ausgesprochen verantwortungsbewusst verhält und bereits vollständig geimpft ist."