16. Mai 2019 · 
Finanzen

Nord/LB: Wird die Braunschweiger Landessparkasse geopfert?

Bislang hat das Rettungskonzept für die Norddeutsche Landesbank den Segen der EU-Kommission nicht erhalten – und es ist fraglich, ob das vor der Europawahl und vor der Klärung der neuen Kräfteverhältnisse in der EU noch geschehen wird. Möglicherweise vergehen noch Monate. Aber während derzeit gespannt nach Brüssel geschaut wird, inwieweit dort nicht doch Anstoß an einer „unerlaubten Staatsbeihilfe“ genommen wird, geht in Niedersachsen die Reformdebatte munter weiter. Vor allem Kommunalpolitiker in der Region Braunschweig, unterstützt von dortigen Landes- und Bundespolitikern, werben für eine Herauslösung der „Braunschweiger Landessparkasse“ (BLSK) aus der Nord/LB. Die BLSK ist bisher eine „Anstalt in der Anstalt“, also ein mit relativer Eigenständigkeit ausgestatteter Bestandteil der Landesbank. Etwa 1000 der noch 5500 Nord/LB-Mitarbeiter zählten zur BLSK, und die Verwaltungschefs der Kommunen des alten Braunschweiger Landes haben bereits im April ihren Willen erklärt, die BLSK übernehmen zu wollen – ohne aber näher auf die Bedingungen einzugehen. Es sind die Oberbürgermeister von Braunschweig und Salzgitter, sowie die Landräte von Helmstedt, Holzminden und Wolfenbüttel. Gestern hat Stefan Wenzel (Grüne) das Thema in der aktuellen Landtagsdebatte vorgetragen, und Finanzminister Reinhold Hilbers, zugleich Aufsichtsratschef der Nord/LB, erklärte: „Ich bin offen für eine Verselbständigung der BLSK, aber im bisherigen Konzept ist das nicht vorgesehen.“ Später sagte er allerdings: „Die BLSK wird in einer kleiner gewordenen Nord/LB ein noch wichtigerer Bestandteil sein.“
Ich bin offen für eine Verselbständigung der BLSK, aber im bisherigen Konzept ist das nicht vorgesehen...
Hinter den Kulissen hießt es, das Thema Landessparkasse drohe den Rettungsplan für die Nord/LB insgesamt noch mal ins Wanken zu bringen. Ein Indiz dafür ist das Geschäftsmodell, das Hilbers bisher nicht schriftlich fixiert hat, auch nicht im gerade fertiggestellten Entwurf des Staatsvertrages für die Nord/LB. Ist das ein Hinweis auf bevorstehende Änderungen? Die Grundpfeiler stehen: Die Nord/LB, die wegen fauler Schiffskredite und schwacher Eigenkapitalbasis ins Wanken geriet, wird mit 3,5 Milliarden Euro gestützt. 1,5 Milliarden Euro gibt das Land Niedersachsen dazu, dazu noch Garantien von 800 Millionen Euro, 1,2 Milliarden kommen vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Die EU-Kommission muss nun prüfen, ob das Land eine verbotene Beihilfe leistet. Das wäre dann der Fall, wenn das Geld unrentabel angelegt würde.
...Die BLSK wird in einer kleiner gewordenen Nord/LB ein noch wichtigerer Bestandteil sein.
Damit wird die Frage aufgeworfen, ob das jetzt zur Prüfung in Brüssel vorliegende Geschäftsmodell überhaupt profitabel ist und die versprochenen Renditen realistisch sind. Würde man die BLSK aus der Nord/LB herauslösen, so würde die Bank um 1000 Mitarbeiter und ein solides, wenn auch nicht sehr einträgliches Geschäft kleiner. Auch die Bilanzsumme würde schrumpfen. Das könnte die Rentabilität des Geschäftsmodells erhöhen – zumindest dann, wenn die BLSK über zu viele teure Filialen und zu viele Mitarbeiter verfügen sollte, was von Braunschweiger Politikern vehement bestritten wird. Hilbers sagte im Landtag auf Fragen von Wenzel und Christian Grascha (FDP), ein weiterer Personalabbau bei der BLSK sei aus seiner Sicht nicht ausgeschlossen. Die Rufe nach einer selbstständigen Landessparkasse könnten also auch Ausdruck von Bemühungen sein, eine Ausdünnung der BLSK bei der Nord/LB zu verhindern.

Hilbers warnt vor unerlaubter Beihilfe

Der Weg dahin ist allerdings schwierig. Der frühere Braunschweiger Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) hatte in der „Braunschweiger Zeitung“ vorgeschlagen, Nord/LB und Land Niedersachsen sollten für die verselbständigte BLSK eine „Mitgift“ geben an die übernahmewilligen Kommunen – außerdem einen zinsgünstigen Kredit für 50 Jahre. Dies könnte allerdings beim Land auch einen Fall von unerlaubter Beihilfe darstellen, und was die Nord/LB angeht, sagte Hilbers im Landtag: „Die Bankenaufsicht dürfte es nicht genehmigen, wenn Kapital entnommen wird.“ Unter den zwei Städten und drei Landkreisen dürfte zudem wohl einzig Braunschweig in der Lage zu einer Investition sein, die anderen sind – mehr oder weniger – finanziell am Rand ihrer Möglichkeiten. Wenn Salzgitter oder Helmstedt Kredite für den Aufbau einer eigenen Sparkasse aufnehmen sollten, könnte die Kommunalaufsicht gefordert sein, dagegen einzuschreiten. „Eine Entscheidung fällt immer in Würdigung der Gesamtumstände“, erklärte dazu vielsagend Innenminister Boris Pistorius im Landtag. Noch ein Problem tritt auf: Eine eigenständige BLSK müsste nicht nur die IT- und Personalverwaltung völlig neu aufbauen, was teuer und aufwendig werden könnte, sie bräuchte auch eine eigene Banklizenz. Daher wird diskutiert, ob eine bestehende Sparkasse die BLSK „aufnehmen“ könnte. Die größte niedersächsische Sparkasse, Hannover, kommt wohl kaum in Betracht. Sie soll diesen Schritt geprüft und verworfen haben, heißt es. Blieben andere Sparkassen in der Nachbarschaft von Braunschweig – etwa Gifhorn/Wolfsburg, die mit Celle fusionieren wollen. Aber ob das dann noch im Interesse der selbstbewussten Braunschweiger wäre?
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #092.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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