3. Okt. 2019 · 
Finanzen

Nord/LB-Entscheidung naht: Hilbers bietet weitere Informationen an

Die Spannung wächst in der Landesregierung, denn noch im Oktober, in der Amtszeit der derzeitigen EU-Kommission, wird mit einer Entscheidung aus Brüssel über den Rettungsplan für die Nord/LB gerechnet. Zu diesem Zweck hat Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), Aufsichtsratschef der Nord/LB, vor wenigen Tagen mit der zuständigen EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager telefoniert. Entsprechende Rundblick-Informationen wurden am Dienstag bestätigt. Wie es heißt, soll das Gespräch auf Englisch geführt worden sein. Der Minister, so heißt es aus dem Finanzministerium, habe der Kommissarin Unterstützung angeboten – wenn weitere Unterlagen und Hinweise benötigt würden, seien die Gremien der Nord/LB gern bereit, diese zeitnah zu liefern. Zwar bleibt Vestager, eine liberale Politikerin aus Dänemark, auch in der neuen Kommission unter der Führung der Niedersächsin Ursula von der Leyen im Amt. Aber der bisherige deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hatte, als er Ende August der Landesregierung einen Besuch abstattete, die Erwartung einer Entscheidung bis Ende Oktober gehegt. Das kommt auch der Bankenaufsicht entgegen, die auf eine Kapitalspritze für die Nord/LB drängt und endlich sichergestellt wissen will, dass die Landesbank mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet wird.

Ist die Renditeerwartung der Kommission zu streng?

Die EU-Kommission prüft die schwierige Frage, wie die staatlichen Stützungsmaßnahmen für die Nord/LB beihilferechtlich zu bewerten sind. Handelt es sich um eine unerlaubte staatliche Intervention und damit einen Wettbewerbsverstoß? Das Land Niedersachsen gibt 1,5 Milliarden Euro und dazu Garantien von noch einmal 800 Millionen Euro, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) steuert neben den Sparkassenverbänden aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern 1,1 Milliarden hinzu, das Land Sachsen-Anhalt 200 Millionen Euro. Die Prüfer in Brüssel wollen nun wissen, ob die staatlichen Investitionen zu genau den Bedingungen laufen, die auch private Investoren einzugehen bereit wären. Wenn das bejaht wird, wäre die Investition kein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln, im anderen Fall schon. Welche Indizien für Vestager dabei entscheidend sind, wird immer wieder spekuliert. Lange hatte es geheißen, die Investition von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in die Nord/LB müsse eine Rendite von acht Prozent bringen, dies sei der Maßstab. Als aber Mitte August der DSGV, die beiden Bundesländer und das Bundesfinanzministerium festlegten, dass von 2022 an die Hälfte des Gewinns in der Nord/LB verbleiben und nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet werden soll, war dies als Signal verstanden worden, dass die nötigen acht Prozent Rendite noch schwerer als sowieso schon erreicht werden können.
Lesen Sie auch: Opposition hadert mit dem Rettungsplan für die Nord/LB – und stellt Vorstandsvergütung in Frage
Wie es nun aus unbestätigten Quellen heißt, hat Hilbers daher im Telefonat mit Vestager darauf hingewiesen, dass die meisten deutschen Banken schon heute keine Rendite von acht Prozent erwirtschaften, dass diese Messlatte also – zumindest aus deutscher Sicht – sehr hoch angelegt sei. Ob die EU-Kommissarin darauf mit Verständnis oder abweisend reagiert hat, ist nun nicht überliefert. Sollte die Renditeerwartung von Brüssel weniger streng bewertet werden, wäre das wohl für die wettbewerbsrechtliche Genehmigung der Investition von großem Vorteil. An einer Stelle ist bereits nachgesteuert worden: Die Gebühren, die das Niedersachsen dafür erhält, dass es für die Nord/LB Garantien übernimmt, werden etwas höher angesetzt als bisher. Das heißt also, in diesem Detail wird die Renditeerwartung des Landes angehoben. Sollte dennoch das Ergebnis der EU-Prüfung lauten, dass die Nord/LB weiter schrumpfen und noch mehr Personal abbauen muss zur Steigerung der Rentabilität, so käme die lange diskutierte aber noch immer nicht entschiedene Verselbständigung der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) wohl schneller als erwartet. Das könnte womöglich bedeuten, dass einige Kommunen im Braunschweiger Land eine Sondergenehmigung von der Landesregierung erhalten müssten, für den Erwerb einer neuen Sparkasse ausnahmsweise doch neue Kredite aufnehmen zu dürfen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #173.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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