Ist die Renditeerwartung der Kommission zu streng?
Die EU-Kommission prüft die schwierige Frage, wie die staatlichen Stützungsmaßnahmen für die Nord/LB beihilferechtlich zu bewerten sind. Handelt es sich um eine unerlaubte staatliche Intervention und damit einen Wettbewerbsverstoß? Das Land Niedersachsen gibt 1,5 Milliarden Euro und dazu Garantien von noch einmal 800 Millionen Euro, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) steuert neben den Sparkassenverbänden aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern 1,1 Milliarden hinzu, das Land Sachsen-Anhalt 200 Millionen Euro. Die Prüfer in Brüssel wollen nun wissen, ob die staatlichen Investitionen zu genau den Bedingungen laufen, die auch private Investoren einzugehen bereit wären. Wenn das bejaht wird, wäre die Investition kein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln, im anderen Fall schon. Welche Indizien für Vestager dabei entscheidend sind, wird immer wieder spekuliert. Lange hatte es geheißen, die Investition von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in die Nord/LB müsse eine Rendite von acht Prozent bringen, dies sei der Maßstab. Als aber Mitte August der DSGV, die beiden Bundesländer und das Bundesfinanzministerium festlegten, dass von 2022 an die Hälfte des Gewinns in der Nord/LB verbleiben und nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet werden soll, war dies als Signal verstanden worden, dass die nötigen acht Prozent Rendite noch schwerer als sowieso schon erreicht werden können.Lesen Sie auch: Opposition hadert mit dem Rettungsplan für die Nord/LB – und stellt Vorstandsvergütung in Frage
Wie es nun aus unbestätigten Quellen heißt, hat Hilbers daher im Telefonat mit Vestager darauf hingewiesen, dass die meisten deutschen Banken schon heute keine Rendite von acht Prozent erwirtschaften, dass diese Messlatte also – zumindest aus deutscher Sicht – sehr hoch angelegt sei. Ob die EU-Kommissarin darauf mit Verständnis oder abweisend reagiert hat, ist nun nicht überliefert. Sollte die Renditeerwartung von Brüssel weniger streng bewertet werden, wäre das wohl für die wettbewerbsrechtliche Genehmigung der Investition von großem Vorteil. An einer Stelle ist bereits nachgesteuert worden: Die Gebühren, die das Niedersachsen dafür erhält, dass es für die Nord/LB Garantien übernimmt, werden etwas höher angesetzt als bisher. Das heißt also, in diesem Detail wird die Renditeerwartung des Landes angehoben. Sollte dennoch das Ergebnis der EU-Prüfung lauten, dass die Nord/LB weiter schrumpfen und noch mehr Personal abbauen muss zur Steigerung der Rentabilität, so käme die lange diskutierte aber noch immer nicht entschiedene Verselbständigung der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) wohl schneller als erwartet. Das könnte womöglich bedeuten, dass einige Kommunen im Braunschweiger Land eine Sondergenehmigung von der Landesregierung erhalten müssten, für den Erwerb einer neuen Sparkasse ausnahmsweise doch neue Kredite aufnehmen zu dürfen.