Nötig wird eine Doppelstrategie: Weniger Personal, dafür aber bessere Bezahlung
Darum geht es: Die Gewerkschaften und der Beamtenbund sind enttäuscht, dass Niedersachsens Landesregierung keinen Einstieg in die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Beamte wagt. Das ist berechtigt, meint Klaus Wallbaum in seinem Kommentar.
Natürlich haben Beamtenbund und Gewerkschaften Recht, wenn sie behaupten, dass ein wettbewerbsfähiger öffentlicher Dienst in Zukunft attraktiv sein muss, auch finanziell. Anders ausgedrückt: Wenn Niedersachsen seine Beamten schlechter bezahlt als die Nachbarländer, ist die Chance geringer, für freie Stellen in den Verwaltungen noch geeignete Kräfte zu finden. Finanzminister Reinhold Hilbers, der im Vorstand der „Tarifgemeinschaft der Länder“ aktiv ist, hat sich auf diesen Umstand schon eingestellt. Im Haushalt für das nächste Jahr, den das Kabinett jüngst beschlossen hat, wurde ein höherer Reservebetrag für mögliche Tarifsteigerungen vorgesehen. Wie hoch genau, das sagt er nicht. Diese finanzielle Vorsorge betrifft zunächst die Angestellten, dürfte dann aber traditionell auch auf die Beamten übertragen werden.
Aber die Berufsvertretungen der Beamten, Lehrer, Polizisten, Finanzbeamten und anderen Gruppen des öffentlichen Dienstes gehen noch weiter. Sie verweisen auf strukturelle Nachteile hierzulande und darauf, dass in Niedersachsen kein Weihnachtsgeld für Beamte gezahlt wird, damit gehöre das Land zu nur drei in der Gemeinschaft von 16, die sich hier verweigerten. Tatsächlich kann dieser Umstand in doppelter Hinsicht abstoßend wirken – einmal dann, wenn sich Interessenten für Stellen im öffentlichen Dienst die Vergleichsbesoldung ausrechnen und feststellen, dass sie außerhalb Niedersachsens besser verdienen könnten, zum zweiten dann, wenn die Diskussion über das fehlende Weihnachtsgeld in Niedersachsen das Image des Landes als Arbeitgeber negativ beeinträchtigt. Beides ist nicht zwangsläufig, denn es gibt viele gute Gründe dafür, trotz der Gehaltsdifferenz in Niedersachsen den Dienst anzutreten. Das schöne Land und die angenehmen Leute beispielsweise. Dennoch kann der Wettbewerb um gute Kräfte noch härter werden, dann gewinnt auch das Argument der guten Bezahlung an Gewicht.
Wie aber lässt sich das Problem lösen? Derzeit verdecken die stetig sprudelnden Steuereinnahmen, wo die Grenzen des Staates sind. Der öffentliche Dienst kann nicht ständig ausgeweitet werden, weil nach den Gehaltszahlungen für Beamte noch die Pensionszahlungen kommen, und je mehr Geld für Personal ausgegeben wird, desto weniger bleibt für die nötigen Zukunftsinvestitionen übrig. Auf der anderen Seite führt die schlechte Dotation von Stellen dazu, dass sich keine qualifizierten Bewerber mehr dafür interessieren. Vereinbaren lässt sich beides nur durch eine konsequente und energisch vorangetriebene Reformpolitik. Die Landesregierung muss endlich den lange versprochenen, noch immer aber nicht gestarteten Prozess des Stellenabbaus starten. Sie muss beginnen, vor allem solche Bereiche der Landesverwaltung umzugestalten, die im Zuge der Digitalisierung auf absehbare Zeit ohnehin weniger Mitarbeiter benötigen. Dazu muss im ersten Schritt, und immerhin das geschieht ja offenbar auch, die Digitalisierung erst einmal vorangetrieben werden. Im zweiten Schritt braucht man eine Vorstellung davon, wie die Behördenlandschaft in Niedersachsen in zehn oder 20 Jahren aussehen soll.
Ein öffentlicher Dienst der Zukunft in Niedersachsen muss beide Gesichter haben: Erstens wird es in der Verwaltung weniger Mitarbeiter geben, und dies wird auch verkraftbar sein, weil viele Prozesse, für die heute noch Menschen nötig sind, künftig von Maschinen erledigt werden. Zweitens werden die Fachkräfte, die nach wie vor wegen ihrer Kenntnisse, ihrer Fähigkeiten und ihrer Kreativität gebraucht werden, besser bezahlt werden müssen – damit das Land nicht nur im Wettbewerb mit anderen Ländern, sondern auch mit der Privatwirtschaft mithalten kann. Es wird Zeit, dass sich die Landesregierung in diese Richtung bewegt. Am Anfang aber muss die schmerzhafte Erkenntnis stehen, dass an Personalabbau und Reform im öffentlichen Dienst mittelfristig wohl kein Weg vorbei führt. Offen bekannt hat sich zu dieser Botschaft aus der rot-schwarzen Landesregierung bislang noch niemand.
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