Die gleichmütigste Videoschalte des Jahres steht bevor – und sie wird natürlich von Niedersachsen präsentiert. Am 11. Oktober lädt die Gruppe „Hannover Stoics“ zur Online-Konferenz „Stoicon-X“ ein. Das Thema: „Stoiker – Feministen der Antike?“ Wenn Sie sich schon immer gefragt haben, was Sie von antiken Bartträgern über Gleichberechtigung und gendersensible Führungskultur lernen können – endlich ist es so weit! Das Programm verbindet antike Weisheiten mit heutigen Fragen: Wie bleibt man ruhig bei Mansplaining, Führungsdruck und Genderdebatten?
Der Stoizismus erlebt seit einigen Jahren ein bemerkenswertes Comeback und ist endlich wieder mehr als nur eine dankbare Quelle für urheberrechtsfreie Kalendersprüche. Die Philosophie der Stoa lehrt, sich nicht über Dinge aufzuregen, die man nicht ändern kann – ob nun den Tod, die Staatsordnung oder die Internetverbindung. Was einst in der Wandelhalle auf dem Marktplatz von Athen begann, geht heute auf Zoom weiter. Damals kämpfte man gegen Schicksalsschläge, heute gegen Mikrofonprobleme. Doch der Grundsatz bleibt derselbe: Du kannst nicht kontrollieren, was passiert – nur, wie du darauf reagierst.

Denn wer kennt das nicht: Da will man sich nur kurz in eine harmlose Diskussionsrunde einwählen – und schon wird das WLAN zur Prüfung der Seelenruhe. Marcus Aurelius würde in diesem Moment wohl stoisch vor dem Laptop sitzen, den drehenden Ladebalken betrachten und sagen: „Übe dich auch in den Dingen, an denen du verzweifelst.“ Und Seneca der Jüngere, der Urvater aller Resilienztrainer, hätte vermutlich in den Chat geschrieben: „Niemand irrt nur für sich allein. Er ist auch Grund und Urheber fremder Irrtümer.“ Besonders dann, wenn er aus Versehen den Host entfernt und seine Kamera falschrum eingestellt hat.
In diesem Sinne: Wer lernen will, wie man bei feministischer Philosophie stoisch bleibt, der möge sich zuschalten. Und wer im entscheidenden Moment rausfliegt, der halte es einfach wie Zenon von Kition, der Begründer der Stoa. Als der gelernte Kaufmann bei einem Schiffbruch sein gesamtes Vermögen verlor, sagte er sinngemäß: „Wie gut, dass ich jetzt mehr Zeit zum Denken habe.“
Wenn Sie schon jetzt viel zu viel Zeit zum Denken haben, dann können Sie genauso gut auch gleich die heutige Rundblick-Ausgabe lesen. Diesmal geht es um diese Themen:
Bleiben Sie gelassen!
Ihr Christian Wilhelm Link