30. Mai 2018 · 
Bildung

Niedersächsisches Baugewerbe kämpft an Schulen um mehr Nachwuchs

„Politische Entscheidungsprozesse verzögern den Weiterbau einer Baustelle. Es entsteht wirtschaftlicher Schaden in Höhe von vier Punkten.“ So steht es auf einer Ereigniskarte des Spiels „Baumatch“. Das Spiel ist in einem neuen Ordner mit Unterrichtsmaterial enthalten, mit der der Baugewerbeverband in den Schulen den Nachwuchs für sich gewinnen möchte. Mit dem Spiel können Schüler lernen, wie ein Bauunternehmer in der Praxis arbeitet. Auf einer anderen Karte steht: „Dank einer gelungenen Nachwuchskampagne habt Ihr genügend Lehrlinge, die später in Eurem Unternehmen arbeiten wollen. Ihr erhaltet drei Punkte.“ Diese Ereigniskarte dürften die Bauunternehmer in Niedersachsen derzeit allerdings eher selten ziehen. Deshalb sollen die Mappen mit Unterrichtsmaterialien nun an alle rund 1200 allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen gehen. Das Baugewerbe verspricht sich davon, dass die Branche in den Augen vieler Schüler an Attraktivität gewinnt. https://soundcloud.com/user-385595761/so-ist-es-um-die-handwerklichen-fahigkeiten-des-kultusministers-bestellt Von 80 „sehr spannenden Seiten“ sprach Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne bei der Vorstellung der „Lehrermappe“ und warb noch einmal für die duale Ausbildung. Schließlich biete kein Bildungssystem so viele Chancen und sei so durchlässig wie die berufliche Bildung. „Es geht darum, in den Schulen möglichst breit über die Möglichkeiten nach dem Abschluss zu informieren.“ Tonne verwies noch einmal auf einen Erlass der Landesregierung zur Berufsorientierung in Schulen, der sich gerade im Anhörungsverfahren befindet. Nach dem Willen des Kultusministeriums sollen an den Schulen künftig 25 Tage fest für die berufliche Bildung eingeplant werden. Sie können zum Beispiel für Praktika, Berufsberatung in der Schule oder die Feststellung von Kompetenzen genutzt werden.
Lesen  Sie auch: Ausbildung: Viele Unternehmen bekommen nicht mal Bewerbungen Handwerkskammer Hannover warnt vor „Dequalifizierungsspirale“
Junge Menschen wüssten oft gar nicht, wie modern und abwechslungsreich der Bauberuf sei, sagte Christian Staub, Präsident des Baugewebe-Verbands in Niedersachsen. Hinzu käme, dass die Ausbildungsvergütung in der Baubranche im Spitzenbereich liege. So verdiene ein Azubi auf dem Bau mehr als ein Bankkaufmann. „Außerdem ist der Job zukunftssicher. 77 Prozent aller Bauleistungen in Niedersachsen erbringt das Bauhandwerk hier im Land“, sagte Staub. Die Umsatzzahlen gingen nach oben. Zugleich werden neue Mitarbeiter in der Branche händeringend gesucht. In den kommenden zehn Jahren braucht das Baugewerbe in Niedersachsen allein 15.000 Fachkräfte, um die Abgänge durch Ruhestand zu kompensieren. Wie stark der Mangel an Mitarbeitern das aktuelle Geschäft beeinflusst, beschrieb Lukas Schustereit, Geschäftsführer der Firma Geisler Bau in Mandelsloh bei Neustadt am Rübenberge. Die Auftragslage sei gut. Man müsse aber inzwischen Kunden hinten anstellen, weil einfach die nötigen Fachkräfte fehlten. „Wir versuchen Azubis zu finden, um die Lücken zu füllen. Das ist auf dem Land schwierig, weil schon der Arbeitsweg für manche eine große Herausforderung darstellt“, so Schustereit. Das Unternehmen stelle sich zum regelmäßig bei Berufsmessen in Schulen vor oder beteilige sich an Azubi-Speeddatings. Schustereit erhofft sich, dass durch die Unterrichtsmaterialien ein modernes Berufsbild entsteht. Die 19-jährige Lea Ludowig aus Wunstorf musste nicht lange überzeugt werden. Sie hat sich nach dem Abitur für eine Maurerlehre entschieden. „Ich wollte auf jeden Fall einen handwerklichen Beruf ausüben und von Anfang an dabei sein, wenn ein Haus entsteht“, berichtete sie. Der Großteil ihrer Abiturklasse sei allerdings an die Hochschule gegangen, räumte Ludowig ein.  Auch für Frauen komme der Beruf inzwischen durchaus in Frage. „Das liegt am technischen Fortschritt. Inzwischen nehmen einem viele Maschinen die körperliche Arbeit ab.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #101.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail
Alle aktuellen MeldungenAktuelle Beiträge
Applaus für den Kanzler: Um 16.15 Uhr hat es Friedrich Merz endlich geschafft. | Foto: Bundestag/Screenshot: 
 Link
Entsetzen auch in Hannover: Holprige Wahl des Kanzlers löst helle Aufregung im Landtag aus
6. Mai 2025 · Klaus Wallbaum3min
Der Rufbus Sprinti hat in der Region Hannover schon über 2,5 Millionen Fahrgäste befördert. | Foto: Üstra
Sprinti für alle! Niedersachsen will mehr On-Demand-Angebote im ÖPNV
7. Mai 2025 · Christian Wilhelm Link4min
Foto: Wallbaum
Landeskabinett macht den Weg frei für den Klima-Bürgerrat und legt Sektorziele fest
6. Mai 2025 · Niklas Kleinwächter4min