Niedersachsen Schlusslicht beim Impfen? „Der Eindruck täuscht“, sagt das Sozialressort
Woran liegt es, dass die Corona-Schutzimpfung in Niedersachsen sehr viel langsamer angelaufen ist als in vielen anderen Ländern – und die Quote der Impfungen hierzulande ziemlich weit hinten liegt? „Das liegt daran, dass sich der Vorgang der Anlieferung des Impfstoffs länger erstreckt hat als in anderen Bundesländern. Das wird sich aber ziemlich schnell wieder ausgleichen“, erklärte die Vize-Leiterin des Krisenstabes der Landesregierung, Claudia Schröder, gestern vor Journalisten. Sie betonte aber, dass Niedersachsen keineswegs benachteiligt werde, denn die Impfstoffe würden pro Kopf der Bevölkerung vom Bund an die Bundesländer übergeben. Schröder räumte aber ein, von den ursprünglich geplanten Abläufen abrücken zu müssen. „Der Impfstoff, den wir am 30. Dezember bekommen sollten, wurde nicht geliefert. Nun hoffen wir, dass eine Lieferung am 8. Januar eintrifft. Ob das tatsächlich so sein wird, wissen wir aber erst sicher am 8. Januar.“
Nach Mitteilung des Sozialministeriums wird die Arbeit in den 50 landesweiten Impfzentren erst Anfang Februar richtig starten. Zunächst nämlich konzentriere das Sozialministerium seine Anstrengungen darauf, die Bewohner in den Alten- und Pflegeheimen, die älter als 80 sind, und die dortigen Pflegekräfte zu impfen. Im Anschluss daran werde man sich an die Menschen über 80 wenden, die pflegebedürftig sind und noch zuhause wohnen. Dann komme die Gruppe aller übrigen Menschen über 80 hinzu. Derzeit bekomme das Land in der Woche 61.000 Impfdosen, das reiche also für 30.500 Menschen, die eine erste und nach Abstand von drei Wochen eine zweite Impfung erhalten sollen. Da sich 800.000 Menschen in Niedersachsen in der ersten Gruppe der Pflegeheimbewohner und der Personen über 80 befänden, brauche man eigentlich mindestens 100.000 Impfdosen je Woche, „damit wir stabil und in großen Schritten vorankommen“. Das sei derzeit noch nicht der Fall. Schröder rechnet damit, noch „bis zu vier Wochen“ die Impfung auf die Alten- und Pflegeheime zu konzentrieren. Anschließend könnten die 50 Impfzentren in größerem Umfang aktiv werden, auch dort dann zunächst für die Menschen über 80. Das System sei aber auch hinreichend flexibel, damit „in Einzelfällen“ auch die 78-jährige Begleiterin eines 81-Jährigen, der zum Impfzentrum kommt, gleich auch eine Impfung erhalten kann. Das seien aber Ausnahmen, sonst werde strikt auf die Einhaltung der Prioritätenliste geachtet, also auf die bevorzugte Impfung der Menschen über 80, da in dieser Gruppe auch das tödliche Risiko einer Covid19-Erkrankung am höchsten sei. Auch Pflegekräfte und das medizinische Personal gehören zur ersten Priorität.
Obwohl die Impfzentren noch nicht im großen Umfang ihre Arbeit starten können, rät Schröder von deren vorübergehenden Schließung ab. Diese Zentren hätten „eine wichtige Funktion in der Unterstützung der mobilen Teams, die jetzt in die Altenheime fahren“, betonte sie. Am Montag hatte das Land 975 Impfdosen an jedes der 50 Impfzentren vergeben. Das betrifft den Biontech-Impfstoff, der bei minus 70 Grad gelagert werden und binnen zehn Tagen verimpft werden muss. Die von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann aufgeworfene Frage, ob die für die zweite Impfung vorgesehene Charge schon jetzt für Erstimpfungen verbraucht werden könne, wenn man so schneller vorankommen könne, verneinte Schröder: Das sei angesichts des Risikos, den Nachschub zu den nächsten Impfterminen womöglich nicht so rasch sicherzustellen, ein zu großes Wagnis: „Am Ende könnte sich die erste Impfung als wirkungslos herausgestellt haben – da die geimpfte Person ohne die zweite Impfung nicht ausreichend geschützt ist.“
Streit um Besucher im Harz: Der Besucheransturm der vergangenen Tage im Harz, vor allem in die schneereichen Gebiete rund ums Torfhaus, hat Besorgnis in der Landesregierung ausgelöst. „Wir bleiben bei der dringenden Bitte an die Menschen, diese Gebiete zu meiden“, betonte Regierungssprecherin Anke Pörksen. Schröder ergänzte, viele Menschen würden sich „in falscher Sicherheit wiegen“, da sie annähmen, der Aufenthalt an frischer Luft sei nicht gefährlich. Tatsächlich aber bedeute jede Menschenansammlung die Gefahr, dass man sich etwa auf Parkplätzen oder in Warteschlangen vor Dixi-Toiletten wegen des geringen Abstandes anstecke. „Wir tragen das Virus mit uns herum, das Virus braucht menschliche Nähe und wirkt auch an frischer Luft.“