
Die Neujahrsprognose der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) fällt düster aus: Die deutsche Wirtschaft wächst 2025 nur um 0,2 Prozent, in Niedersachsen schrumpft das Bruttoinlandsprodukt sogar um 0,1 Prozent. „Wir erwarten nicht, dass sich die Wirtschaft 2025 aus der Stagnation befreien kann“, sagte Nord/LB-Forschungsleiterin Martina Noß in Hannover. Nachdem Niedersachsen dem wirtschaftlichen Stillstand zuletzt besser trotzen konnte als die Bundesrepublik insgesamt, könnte sich die Kraftfahrzeug-Lastigkeit der hiesigen Wirtschaft in diesem Jahr als wunder Punkt erweisen. „Wir wissen noch nicht, was Donald Trump machen wird. Aber wenn die angekündigten Zölle kommen, ist der Fahrzeugbau besonders betroffen“, so Noß. Nord/LB-Vorstand Christoph Dieng beklagte ebenfalls das „erratische Verhalten“ des designierten US-Präsidenten, das eine „Phase extremer politischer Unwägbarkeiten“ mit sich bringt. „Ich will als Konjunkturanalyst nicht über Grönland oder Panama nachdenken müssen“, ergänzte Chefvolkswirt Christian Lips. Für ihn stellt der künftige US-Präsident derzeit einen der größten Unsicherheitsfaktoren dar.

Der Ausblick auf das laufende Jahr ist kaum besser als der Rückblick: Das Jahr 2024 hatte der Fahrzeugbau, der am Gesamtumsatz der niedersächsischen Industrie einen Anteil von 43,4 Prozent hat, noch glimpflich überstanden. Mit einem Umsatzrückgang von 1,7 Prozent kam der Automotive-Sektor zwischen Harz und Küste ebenso wie die Nahrungs- und Futtermittelbranche (minus 0,4 Prozent) sowie die Papierindustrie (minus 0,6 Prozent) mit einem blauen Auge davon. Weitaus härter wirkte sich die Rezession auf die energieintensiven Industrien aus: Chemie und Metallbearbeitung (minus 11,9 Prozent), Gummi- und Kunststoffindustrie (minus 14,5 Prozent) und vor allem die Elektronikbranche (minus 16,2 Prozent). Die Stimmung im produzierenden Gewerbe befindet sich dementsprechend im Keller, die Verunsicherung ist groß. Nord/LB-Expertin Noß befürchtet, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien und das Hochlaufen der Wasserstoffwirtschaft in Niedersachsen allein keine Trendwende herbeiführen werden. „Wenn Verbesserungen ausbleiben, ist auch im laufenden Jahr nicht von realen Wachstumsbeiträgen der niedersächsischen Industrien auszugehen.“
„Die Industrie bleibt das Sorgenkind. Was das Produktionsvolumen betrifft, befinden wir uns seit 2018 in einem Schrumpfungsprozess“, bekräftigte Chefökonom Lips. Das „kleine Plus“, das er für die deutsche Wirtschaft in 2025 erwartet, sei mit „viel Unsicherheit“ verbunden. Schon wenige ungünstige Entwicklungen könnten eine bundesweite Rezession auslösen. „Neue Signale von Seiten der Fiskalpolitik sind vor dem Sommer eher nicht zu erwarten. Das limitiert unsere Wachstumschancen“, sagte Lips. Der Nord/LB-Chefvolkswirt warf jedoch auch die Frage auf: „Ist die Lage wirklich so dramatisch schlecht oder sind wir in der Pessimismusfalle gefangen?“ Der Ökonom glaubt eher an Letzteres. „Was Märkte überhaupt nicht mögen, ist politische Unsicherheit. Wenn es der Politik gelingt, mehr Verlässlichkeit und mehr Planbarkeit zu schaffen, kommen auch die privaten Investitionen wieder in Gang“, sagte Lips. Als Reaktion auf den weltweit zunehmenden Protektionismus könne man mit der Stärkung der EU und des Binnenmarkts reagieren sowie mit der Suche nach neuen, zuverlässigeren Handelspartnern. „Wir sind auch dem demographischen Wandel nicht hilflos ausgeliefert. Wir können noch an vielen Stellschrauben drehen, um zusätzliches Arbeitskräftepotenzial zu mobilisieren“, sagte der Chefökonom. Er betonte auch: „Bei den öffentlichen Investitionen müssen wir besser werden. Dabei brauchen wir keine Brücken irgendwo im Nirgendwo, wir müssen die Infrastruktur, die wir haben, wieder instand setzen.“
„Was uns fehlt, sind Zuversicht und Investitionsbereitschaft“, sagte auch Dieng, der als „Chief Risk Officer“ das Kreditrisikomanagement der Nord/LB verantwortet. Die Unternehmen würden in Deutschland derzeit zwar keine Produktionsanlagen abbauen, dafür aber auch nicht erweitern und ihr Engagement im Ausland verstärken. Dieng beklagte, dass es der Politik insgesamt nicht gelungen sei, eine positive Vision davon zu vermitteln, wie der Wirtschaftsstandort Deutschland in zehn Jahren aussehen werde. „Niedersachsen hat bei den Erneuerbaren Energien einen tollen Job gemacht. Das zeigt, dass man schnelle Erfolge erzielen kann, aber wir brauchen noch viel mehr davon“, forderte Dieng.