
Das Land Niedersachsen hat seine Beteiligungen an Privatfirmen im Förderjahr 2021 kräftig ausgebaut. „Es gibt eine starke Nachfrage nach Kapital, vor allem bei Startups. Die traditionellen Standorte Berlin, Bayern, Hamburg sind weiterhin vorne – aber wir holen auf“, sagt N-Bank-Vorstand Ulf Meier. Im vergangenen Jahr schloss die Tochterfirma N-Bank Capital insgesamt neue 45 Beteiligungsverträge mit 37 Betrieben und Startups ab. Damit hat die landeseigene Förder- und Investitionsbank jetzt insgesamt 89 Einzelunternehmen im Portfolio, darunter mehr als 50 Neugründungen. Die Vertragssumme der Beteiligungen liegt bei 81 Millionen Euro, dazu kommt eine private Kofinanzierung von 34 Millionen Euro. „Wir legen sehr viel Wert darauf, dass wir auch private Investoren mit ins Boot holen. Wenn ein Dritter sagt: Hier lohnt es sich zu investieren, ist das für uns ein Proof of Concept“, sagt Meier und betont: „Wir sind keine Heuschrecke, sondern eine Förderbank. Deswegen gucken wir in erster Linie nicht darauf, welche Rendite wir aus der Beteiligung ziehen können. Wir schauen auf die Förderwürdigkeit.“

Nachdem sich die Startup-Szene im ersten Coronajahr noch zurückhielt, nahmen die Neugründungen 2021 wieder an Fahrt auf. „Wir sehen eine große Dynamik“, sagt N-Bank-Geschäftsführer Ralf Borchers und verweist auf 139 Startup-Neugründungen in Niedersachsen. Laut Borchers boomen vor allem digitale Geschäftsmodelle. Im Trend liegen die Bereiche E-Commerce, Life Science, Umwelttechnologie und Mobilität. Bei den bereits etablierten Unternehmen gehe es der N-Bank vor allem darum, die Eigenkapitalquote der Betriebe zu verbessern, erläutert sein Kollege Stephan Struwe-Ramoth. Dadurch würden Beteiligungen von anderen Unternehmen möglich oder eine günstige Fremdfinanzierung, die dann von Banken gestemmt wird.

Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kann Meier noch nicht abschätzen. Der N-Bank-Vorstand ist sich jedoch sicher, dass das Interesse an Beteiligungen steigen wird. „Nach Ende der Corona-Maßnahmen erwarten wir eine stärkere Nachfrage im Bereich des Mittelstandes. Wir stehen bereit“, sagt Meier. „Wir würden uns zwar wünschen, noch viel mehr Geld zur Verfügung zu haben, um es in Beteiligungen zu investieren. Wir sind aber schon ganz gut ausgestattet. Das Land Niedersachsen hat große Anstrengungen übernommen.“
Wie die Beteiligungen der N-Bank Capital aussehen können, zeigen drei Praxisbeispiele:

Die kassenlose Supermarktkette Amazon Go, bei der alle Einkäufe per Sensoren erfasst und beim Verlassen des Ladens automatisch berechnet werden, inspirierte den Oldenburger von Unternehmensgründer Tim-Oliver Niekamp: „Um so einen Laden auszustatten, muss man mit einer Million Euro rechnen. Wir haben gesagt: Das kriegt man auch mit weniger Mitteln hin.“ Und das ist Niekamp mit seinem Startup Visiolab auch gelungen. Die visuelle Echtzeiterkennung von Gerichten, Getränken und Lebensmitteln befindet sich derzeit in fünf Kantinen und Mensen im Beta-Test. Die Gäste müssen dabei einfach nur ihr Tablett unter einer iPad-Kamera platzieren und eine Karte aufs Terminal legen – die Künstliche Intelligenz macht den Rest. Die N-Bank hat Visiolab mit 800.000 Euro gefördert. Demnächst will Niekamp mit seinem „Amazon Go light“ über das Programm „Step USA“ auch in den amerikanischen Markt einsteigen. „Da haben wir das Intro über die NBank bekommen.“

Aus dem verlassenen Werksgelände eines Automobilzulieferers in Hodenhagen hat die Veekim AG ein innovatives Produktions- und Forschungszentrum mit 50 Arbeitsplätzen gemacht. Der Betrieb von Peter Siegle ist auf die Herstellung und Entwicklung von polymergebundenen Permanentmagneten spezialisiert. „Die erzeugen ein gleichbleibendes Magnetfeld auch ohne Stromdurchfluss“, erläutert der Firmenchef: „Ein typischer Einsatzfall sind zum Beispiel Elektromotoren. Der Rotor wird in den allermeisten Fällen mit Magneten bestückt, die zu einer zusätzlichen Antriebskraft sorgen.“ Die N-Bank ist mit insgesamt 1,75 Millionen Euro über eine offene Beteiligung in das Unternehmen eingestiegen. Neben der Investitionssumme profitiert Veekim auch vom N-Bank-Netzwerk. „Das ist für uns sehr wertvoll, wir konnten hier schon einige Kunden akquirieren“, sagt Siegle und hat große Pläne für die Zukunft. Seine Firma arbeitet an einem Leichtbau-Polymer-Rotor, der etwa bei Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen könnte. Siegle: „Der wird weltweit einzigartig sein.“

Ein bundesweit einzigartiges Beteiligungsmodell ist der Fonds „N-Transformation“, den das Land Niedersachsen über die N-Bank Capital zusammen mit Niedersachsenmetall aufgelegt hat. Mit insgesamt 30 Millionen Euro soll der Fonds die niedersächsischen Automobilzulieferer bei der Transformation zu alternativen Antrieben und neuen Fahrzeugkomponenten unterstützen. Die Lohnhärterei Hanomag profitiert davon nun als erstes Unternehmen. „Das ist ein sehr leistungsstarkes und großes Unternehmen in Hannover, die vor dem nächsten Entwicklungsschritt standen“, sagt Struwe-Ramoth. Insgesamt hat das Investment eine Höhe von 4 Millionen Euro. Dadurch kann das Unternehmen unter anderem den Auf- und Ausbau der Serienfertigung von Strukturbauteilen finanzieren, der Hanomag unabhängiger von Antriebskomponenten machen soll. Außerdem will der Betrieb stärker auf die Beschichtung von Aluminiumbauteilen setzen.