21. Jan. 2022 · 
Gesundheit

Neues Krankenhausgesetz: So soll Niedersachsen kleine Kliniken schließen dürfen

Niedersachsen soll seine Krankenhaus-Landschaft umgestalten. | Foto: GettyImages/Imaginima

Es ist ein Meilenstein der Großen Koalition, den die Sozialpolitiker Uwe Schwarz (SPD) und Volker Meyer (CDU) am Donnerstag vorgestellt haben: Das neue „Krankenhausgesetz“ soll spätestens im September vom Landtag endgültig beschlossen werden – auf den letzten Metern vor der Landtagswahl. Dieses Konzept hat es in sich, denn es enthält nicht nur konkrete Kriterien für die Frage, in welcher Region welches Klinikangebot sichergestellt sein soll. Erstmals wird dem Krankenhausplanungsausschuss, in dem das Sozialministerium, die Kommunen und die Kassen zusammenwirken, ein Mittel an die Hand gegeben, eine ineffektive Klinik aus dem Krankenhausplan zu nehmen. Die Konsequenz ist dann, dass die betreffende Klinik keine Leistungen mehr mit Kassen abrechnen und keine Investitionen vom Land verlangen kann. „Bisher hat das Land solche Möglichkeiten nicht gehabt, wir setzen jetzt ein Zeichen“, betonte Schwarz.

Lizenz-Entzug soll künftig schneller möglich sein

CDU-Gesundheitsexperte Volker Meyer. | Foto: CDU

Er beschrieb beispielhaft, was bisher nach der geltenden Rechtslage noch an der Tagesordnung ist: Eine kleine Klinik, die – etwa wegen schlecht entlohnter Behandlungen - wenig Einnahmen und wenig Patienten hat, gerät in die Bredouille. Sie sucht dann nach einem privaten Betreiber, der beispielsweise wegen des aussichtsreichen Zugriffs auf die Patientendaten Interesse an einem Engagement hat. Wo die Privatisierung nicht gelingt, würden sich die Klinikeigentümer im Krankenhausreferat des Sozialministeriums melden, ihr Leid klagen und nach Marktlücken in der Gesundheitsversorgung der Region fragen, die der Klinik eine neue Perspektive geben könnten. Wenn es aber keine Lösung gibt und die dahinsiechende Klinik ihren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen kann, gibt es bisher keine Handhabe des Sozialministeriums, sie zu schließen. Da der Planungsausschuss bisher nur beim Eigentümerwechsel eingreifen darf, versuchten die Klinik-Eigentümer bisher nur über verschiedene Betreiberwechsel zu arbeiten. Eine Ausnahme war Clausthal-Zellerfeld. Dort trat ein neuer Eigentümer auf, das Land griff ein und verfügte die Herausnahme der Klinik aus dem Krankenhausplan – ein bisher einmaliger Fall. Das habe ein Haus getroffen, in dem schon zwei Jahre lang kaum noch Patienten behandelt wurden, meinte Schwarz. Künftig soll es schneller und unkomplizierter möglich sein, einer Klinik förmlich die Lizenz zu entziehen. Aber sobald tatsächlich eine Klinik aus dem Krankenhausplan herausfällt, soll das Land diesen Schritt dann gleichzeitig auch abmildern können – mit Ausgleichszahlungen und Konzepten für „regionale Gesundheitszentren“ – also Ärztehäuser mit ambulanten und kleinen stationären Angeboten. Diese „Auffanglösung“ wird ausdrücklich angepriesen.

CDU-Experte Meyer rechnet mit 30 bis 40 Schließungen

Mit dem neuen Gesetz soll nach den Worten von Meyer erreicht werden, dass die derzeit 168 Krankenhäuser sich „in eine neue Struktur einpassen“. Der CDU-Sozialexperte schätzt, womöglich würden dann in zehn Jahren etwa 30 oder 40 der 168 Kliniken schließen. Maßgeblich für die Planung des Landes solle künftig nicht nur die Bettenzahl sein, sondern auch die Qualität des Angebotes. Im Raster der acht Gesundheitsregionen soll es je einen Maximalversorger mit mindestens 600 Betten geben. Das sind derzeit die MHH in Hannover, die Uni-Medizin in Göttingen und die Kliniken in Oldenburg, Braunschweig, Osnabrück, Rotenburg-Wümme und Georgsheil als neues Klinikum für Ostfriesland. Lüneburg könne noch hinzukommen, erfüllt laut Schwarz derzeit aber noch nicht die Kriterien einer bestimmten Größe und Ausstattung. Die nächste Stufe seien die Schwerpunktversorger, die schon eine gewisse Breite an medizinischen Fachrichtungen anbieten müssen. Darunter rangieren als kleine Kliniken die Grund- und Regelversorger mit Chirurgie und Notfallstation, die – wie bisher – von jedermann in Niedersachsen in 30 Minuten erreichbar sein sollen.

SPD kritisiert: Zu wenig Personal, zu viele Standorte

Wie unterschiedlich es derzeit um die Professionalität der 168 niedersächsischen Krankenhäuser bestellt ist, zeige sich daran, dass nur 40 Prozent von ihnen überhaupt in der Lage gewesen seien, 94 Prozent aller Covid-Patienten angemessen zu versorgen. Schwarz sagte, Deutschland leiste sich den Luxus, die beschränkte Zahl an medizinischem Personal auf viel zu viele stationäre Einrichtungen zu verteilen und dort in wenig effektiven Einrichtungen zu beschäftigen. Aufrecht erhalten würden damit in vielen kleinen Kliniken Zustände, die nicht mehr angemessen sind. Ein Teil des geplanten neuen Gesetzes ist auch die Verstärkung der Krankenhausaufsicht im Sozialministerium – ein weiterer Schritt, vom Ministerium aus die Zustände in den Krankenhäusern besser zu überwachen.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #012.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail
Alle aktuellen MeldungenAktuelle Beiträge
Der Rufbus Sprinti hat in der Region Hannover schon über 2,5 Millionen Fahrgäste befördert. | Foto: Üstra
Sprinti für alle! Niedersachsen will mehr On-Demand-Angebote im ÖPNV
7. Mai 2025 · Christian Wilhelm Link4min
"Die Kommunen müssen in der Verantwortung bleiben", fordert die BDB-Landesvorsitzende Susanne Witt. | Foto: Link
Umbauen bleibt schwierig: Architekten sehen bei der NBauO weiter Verbesserungsbedarf
7. Mai 2025 · Christian Wilhelm Link4min
Niedersachsens Polizeipräsident Axel Brockmann. | Foto: Link
Tödliche Polizeischüsse: Ermittler gehen offenbar von einer Notsituation aus
8. Mai 2025 · Klaus Wallbaum3min