Nach mehrjähriger, teils äußerst kontroverser Debatte hat der niedersächsische Landtag am Dienstag die Novelle des Landes-Jagdgesetzes mit großer Mehrheit beschlossen. Nur die Grünen konnten sich dem vom Parlament überarbeiteten Entwurf der Landesregierung nicht anschließen. Das lag auch, aber nicht nur an den darin aufgeführten Regelungen zum Umgang mit dem Wolf. Denn der Wolf – und ebenso der Goldschakal – sind nun offiziell ins Jagdrecht übernommen worden.

Der Wolf steht jetzt im Jagdgesetz, ist aber ganzjährig geschützt. | Foto: GettyImages/AB Photography

Dieser Schritt hatte, als er im November 2020 von den Mehrheitsfraktionen angekündigt worden war, hitzige Diskussionen ausgelöst. Handelt es sich bei einem solchen Vorgehen um Symbolpolitik oder eine pragmatische Lösung? Ist das grober Unfug, der gegen EU-Recht verstößt, oder macht er gar alles nur noch komplizierter?

Die Grünen im niedersächsischen Landtag halten die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht für verfassungswidrig. Außerdem argumentieren sie, dass der Abschuss eines Problemtieres nun erschwert werde, weil künftig neben dem Umwelt- auch das Agrarressort beteiligt sei. Die agrarpolitische Sprecherin der Fraktion, Miriam Staudte, kritisierte zudem, dass für den Weidetierschutz dadurch überhaupt nichts gewonnen werde. Die Regierungsfraktionen und auch die Abgeordneten der FDP werten die Lage derweil ganz anders.


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Das ändert sich konkret: Der Wolf wird in Niedersachsen nun mit der Aufnahme ins Jagdrecht als jagdbares Wild klassifiziert. Das Tier bleibt aber dennoch mit einer ganzjährigen Schonzeit versehen und somit geschützt, versicherte Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU). Verhält sich ein Wolf aus menschlicher Sicht problematisch, könne er allerdings nach wie vor mit einer Ausnahmegenehmigung nach dem Bundesnaturschutzgesetz „entnommen“, also getötet werden.

Agrarministerin Otte-Kinast verteidigt das novellierte Jagdgesetz. | Foto: Kleinwächter

Für diese Entnahmegenehmigung im Ausnahmefall bleibt weiterhin das Umwelt- und Tierschutzressort zuständig, betonte der jagdpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gerd Will, bei seinem Bericht im Landtag. Zuständig für die Umsetzung sind künftig nun die jeweiligen Jägerschaften.

In den vorgelagerten Beratungen wurde dies auch immer damit begründet, dass sich die Jäger vor Ort am besten mit den regionalen Gegebenheiten auskennen und deshalb besser in der Lage sein sollen, die (richtigen) Wölfe zu finden. Uwe Dorendorf (CDU) betonte zudem, dass es Jägern nun erlaubt sei, einen angefahrenen Wolf im Straßengraben zu erlösen – was sie bislang nicht gedurft hätten und nun dem Wohl des Tieres zuträglich sein könnte.

FDP und Otte-Kinast: Ampel-Koalition im Bund muss liefern

Die FDP-Fraktion stimmte der Jagdgesetznovelle zwar zu, hätte aber gerne noch einen weitergehenden Beschluss vom Parlament fassen lassen. Dabei geht es um die Feststellung des sogenannten günstigen Erhaltungszustands. Gemeint ist damit eine Mindest-Populationsgröße, die notwendig ist, damit die Gesamtpopulation gesund und krisenfest überleben kann. Die FDP möchte erreichen, dass sich die Landesregierung im Bund und bei der EU dafür einsetzt, dass dieser Zustand zunächst festgelegt wird. Anschließend könnte man dann feststellen, dieser Zustand sei in Niedersachsen erreicht. Erst dieser Schritt würde eine Populationskontrolle durch Jagd möglich machen.

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FDP-Fraktionschef Stefan Birkner erklärte im Landtag, dass sich die Ampel-Koalition im Bund zwar auf neue Monitoring-Standards und die Möglichkeit eines regional differenzierten Bestandsmanagements geeinigt hätten – aber Bundesumweltministerin Steffi Lemke von den Grünen müsse jetzt auch liefern. Dieser Erwartungshaltung schloss sich auch Landesagrarministerin Otte-Kinast an.


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