Lange ist es ruhig geblieben in dieser Debatte, jetzt kommt wieder Bewegung hinein: Der Wolfsburger Oberbürgermeister Klaus Mohrs (SPD) plant einen Vorstoß zu einer Gebietsreform im Braunschweiger Raum. Die Frage, wie die derzeit drei kreisfreien Städte (Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter) und vier Landkreise (Gifhorn, Wolfenbüttel, Helmstedt, Goslar) zugeschnitten werden sollen, bewegt seit vielen Jahren die Landespolitik, ohne dass es überhaupt zu Reformen gekommen wäre. In der vergangenen Legislaturperiode des Landtags reifte der rot-grüne Plan, den Zweckverband Großraum Braunschweig als Dachverband zu stärken. Inzwischen hat die neue rot-schwarze Regierungsmehrheit im Landtag davon wieder Abstand genommen. Das Problem bleibt aber, wird nur durch die allgemein eher entspannte Lage der Kommunalfinanzen überlagert: Es gibt viele konkurrierende Gebietskörperschaften auf engem Raum, einige kleinere von ihnen – vor allem der Kreis Helmstedt – geraten mit ihren beschränkten Verwaltungskapazitäten an Grenzen.

Neuer Schwung in der festgefahrenen Diskussion

Der populäre Wolfsburger Oberbürgermeister Mohrs, 66 Jahre alt, müsste laut Kommunalverfassung eigentlich nach Ablauf seiner Amtszeit aus dem Dienst ausscheiden. Zwei Wege stehen ihm aber offen, weiter im Amt bleiben zu können. Die erste Variante wäre, die Neuwahl des Oberbürgermeisters vorzuziehen auf den Tag der Europawahl im nächsten Jahr, also den 26. Mai 2019. Erst einen Monat später, Ende Juni, würde Mohrs 67 Jahre alt. Bei der OB-Wahl am Tag der Europawahl hätte Mohrs die Chance, bei einem Wahlerfolg bis 2026 im Amt zu bleiben. Das dürfte auch relativ wahrscheinlich sein, da der Oberbürgermeister beliebt ist und die CDU bisher keinen starken Gegenkandidaten aufbieten kann.

Die zweite Variante wäre, der Wolfsburger Rat würde Mohrs mit der Aufnahme von Fusionsverhandlungen beauftragen. Dann würde sich seine Amtszeit laut Kommunalverfassung um zwei Jahre verlängern, ohne dass vorher eine Neuwahl des OB nötig wäre. Für diesen zweiten Weg wirbt Mohrs jetzt. Da er an der Spitze der Stadt so gut wie unumstritten ist, kann man Mohrs kaum glaubwürdig unterstellen, die Fusionspläne nur vorzutäuschen und damit eine kommende OB-Wahl hinauszögern zu wollen. Vielmehr dürfte seine Absicht sein, Schwung in die festgefahrene Diskussion über die Neuordnung der Gebietsstrukturen im Raum Braunschweig zu bringen.

Blockaden vor allem aus Braunschweig

Mohrs hat schon einmal, 2012 zu Zeiten der damaligen schwarz-gelben Landesregierung, das Thema vorangetrieben. Gemeinsam mit dem damaligen Helmstedter Landrat Matthias Wunderling-Weilbier (SPD) plädierte er für einen Zusammenschluss der Stadt Wolfsburg mit dem Kreis Helmstedt. Ein Gutachten der Staatsrechtler Lothar Hagebölling und Veith Mehde kam zu dem Schluss, dass eine um Helmstedt vergrößerte Stadt Wolfsburg verfassungsrechtlich problematisch wäre – möglich sei aber die Bildung eines gemeinsamen Regionalkreises, in dem Wolfsburg einen Sonderstatus hat. Geworden ist dann aber nichts daraus, da die neue rot-grüne Regierung ab 2013 den Prozess nicht befördert, sondern eher gebremst hat.

Vor allem aus der Stadt Braunschweig kamen – von Politikern vieler Parteien – Blockaden: denn das neue Gebilde hätte die Dominanz der Stadt Braunschweig in Ost-Niedersachsen in Frage gestellt. Auch ähnliche, immer mal wieder diskutierte Pläne sollen, heißt es, an den Stadt-Braunschweigern gescheitert sein – die geplante Fusion der Kreise Helmstedt und Peine, aber auch die intern diskutierte Variante, den Kreis Helmstedt aufzuteilen zwischen Wolfenbüttel, Wolfsburg und Braunschweig. Letzteres klappte formal deshalb nicht, da Helmstedt und Wolfenbüttel sich am Ende dagegen entschieden.

Ob Mohrs mit seinem Vorstoß jetzt offene Türen einrennt, ist indes fraglich. Eine kritische Einschätzung kommt vom Bürgermeister der Stadt Helmstedt, Wittich Schobert (CDU): „Ich sehe nicht, wieso der Kreis Helmstedt jetzt mit Wolfsburg über eine Fusion verhandeln sollte. Dem Kreis geht es doch gut, die Einwohnerzahl wächst. Bei uns läuft’s doch“, sagt Schobert dem Politikjournal Rundblick.