
Der Plan ist ehrgeizig – und er dürfte unter Juristen Kopfzerbrechen auslösen. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) spricht mit Banken und Vertretern der Windkraft-Branche über einen sogenannten „Windkraft-Fonds“. Investoren für neue Windräder sollen daraus Geld bekommen können, wenn ihre Anträge für den Bau neuer Anlagen zwar von den jeweiligen Kommunen genehmigt wurden, aber wegen anstehender Klagen der Bau eigentlich nicht starten kann. „In diesen Fällen kann es einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn geben. Wenn daraufhin ein Gericht die Inbetriebnahme für unwirksam erklären sollte, wären die Betreiber finanziell abgesichert“, erklärt Matthias Eichler, Sprecher von Meyer, gegenüber dem Politikjournal Rundblick.

Der Plan bezieht sich auf einen sogenannten „revolvierenden Fonds“. Das heißt, dass jene Betreiber, die den Fonds in Anspruch nehmen, später bei bestandkräftiger Genehmigung einen Teil ihrer Einnahmen in diesen Topf zurückzahlen. Das Umwelt- und Energieministerium überlegt, auf diese Weise die bisher mehrere Jahre währende Wartezeit zwischen Genehmigung und Bau einer Windkraftanlage auf etwa ein Jahr zu verkürzen. 2022 waren in Niedersachsen 198 neue Windräder genehmigt, aber nur 98 tatsächlich auch gebaut worden.
Das Umweltministerium hatte vor wenigen Wochen ein Konzept vorgelegt, das landesweite Planungsvorgaben für die Kreise, kreisfreien Städte und Regionalverbünde wie den Großraum Braunschweig vorsieht. Diese Zielzahlen, die zur Erneuerung und Ergänzung der Regionalen Raumordnungsprogramme zwingen, sollen später auch in einem Gesetz verankert werden. Der Abstand der Windkraftanlagen zur Bebauung, der bisher in Niedersachsen nicht streng geregelt ist, soll vielerorts auf das Mindestmaß von 800 Metern sinken. Ausgenommen von den Möglichkeiten wurden bisher militärische Anlagen, zu denen auch die Korridore für Hubschrauber-Anflüge zählen, und auch die sogenannten Luftsicherungs-Radaranlagen, von denen es allein in Niedersachsen etwa 40 geben soll.
Nachdem die Physikalisch-technische Bundesanstalt in Braunschweig die mögliche Beeinträchtigung dieser Bereiche durch Windräder näher untersucht hat, ist der bisherige Abstand von 15 Meter auf sieben Meter vermindert worden. Was die Hubschrauber-Landeanflug-Routen angeht, laufen noch Diskussionen. „Aktuell wird nach den Rückmeldungen aus den Landkreisen mit der Bundeswehr geklärt, ob die bisherigen Einschätzungen realistisch sind“, erklärt Eichler. In der ersten Berechnung waren fünf Prozent dieser Routen für die Windkraft-Planung geöffnet worden. Bisher habe es auch immer wieder Möglichkeiten gegeben, im Dialog mit dem Bundesverteidigungsministerium die Streckenplanungen zu verschieben.
Nach Angaben des Umweltministeriums in Hannover wird noch über ein anderes Modell diskutiert, das auch im Bundeswirtschaftsministerium gerade geprüft wird. Es gehe darum, „Risiken von Herstellern beim Windenergie- und Stromnetzausbau temporär staatlich abzusichern oder abzufedern“, erklärte Minister Robert Habeck kürzlich, dabei strebe er ein „geeignetes Absicherungsinstrument an“. Meyers Sprecher Eichler erklärt, man könne eine Abnahmegarantie für Windkrafthersteller festlegen. Da die Branche in den vergangenen zehn Jahren einen Rückgang von 80 Prozent der installierten Windkraft habe verzeichnen müssen, fehlten inzwischen Produktionskapazitäten für die Massenanfertigung. Man könne pro Jahr eine bestimmte Anzahl an Windrädern per staatlicher Garantie bestellen und abnehmen, womit eine raschere Lieferung und ein schnellerer Bau möglich würden.
Der Bund kläre gerade mit der EU-Kommission, inwieweit solche Garantien und Transformationsfonds mit dem strengen EU-Beihilferecht verträglich sind. Die Hoffnung auf ein Ja aus Brüssel sei auch deshalb groß, weil die EU die Förderung der heimischen Solar- und Windkraftindustrie als strategisch bedeutsam eingestuft habe. „Sollten die Anstrengungen auf Bundesebene allerdings scheitern, sind wir bereit, aus dem Wirtschaftsförderfonds des Landes „eine nennenswerte Summe für den beschleunigten Ausbau der Windkraft zur Verfügung zu stellen“. Zunächst aber müsse man die Gespräche auf Bundesebene abwarten.