26. März 2023 · Soziales

Neue Verdi-Vorsitzende fordert: Auch die Erzieher-Ausbildung muss vergütet werden

Die neugewählte Landesvorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Andrea Wemheuer, setzt auf nachhaltige Reformen in der Ausbildung neuer Erzieher für die Kindergärten. „Wir finden nicht genügend Fachkräfte für diesen wichtigen Bereich – dabei wird der Bedarf an diesen Leuten immer größer“, sagte Wemheuer dem Politikjournal Rundblick. Der Schlüssel für die nötige Steigerung der Attraktivität dieses Berufes könne eine angemessene Ausbildungsvergütung sein. „Was wir bisher haben, reicht vielfach nicht“, betonte Wemheuer. Die 39-jährige bisherige Stellvertreterin des langjährigen Vorsitzenden Detlef Ahting war am vergangenen Freitag zur neuen Chefin dieser Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst und für den Handel gewählt worden.

Andrea Wemheuer ist neue Verdi-Landesvorsitzende in Niedersachsen. | Foto: Wallbaum

Der 61-jährige Ahting hatte nach zwölf Jahren im Amt nicht erneut kandidiert. In seinem Rechenschaftsbericht ging der bisherige Vorsitzende auch auf die Diskussionen über die Kindergarten-Gesetzgebung ein. Seit 20 Jahren fordere Verdi, die Qualität der Arbeit in den Kindergärten zu verbessern und die Erzieherinnen zu entlasten. Im langen Ringen um die dritte Fachkraft in der Kindergartengruppen gebe es nur ganz allmählich Fortschritte. „Bei den Krippen ist es uns gelungen, sonst aber dauert es noch. Wir kommen nur in Mini-Trippelschritten voran – und das klappt auch nur, weil wir den Politikern ständig wieder auf die Pelle rücken“, betonte Ahting. Man prüfe jetzt gemeinsam mit dem Städtetag und dem Städte- und Gemeindebund, inwieweit es Schnittmengen in den Forderungen an das Land gebe. Aus den Kommunalverbänden war wiederholt die Idee geäußert worden, man solle zur Unterstützung der Betreuungsarbeit in den Kindergärten auch ehrenamtliche Kräfte einsetzen – etwa die „Vorlese-Omas“.

Die Gewerkschaft Verdi hat sich am Freitag in Hannover getroffen. | Foto: Wallbaum

Der Verdi-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen hat rund 200.000 Mitglieder, er gehört damit zu den größeren Gewerkschaften im Land. Seit dem Zusammenschluss von ÖTV und DAG war der Verdi-Landesbezirk stets von Sozialdemokraten geführt worden, auch Ahting gehört der SPD an. Wemheuer aus Hannover ist nun die erste Vorsitzende mit Grünen-Parteibuch – und sie steht damit in einer gewissen Tradition zu Frank Bsirske, dem ersten Bundesvorsitzenden von Verdi. Auch der kam aus Hannover und gehört den Grünen an, sitzt für die Partei mittlerweile im Bundestag.

Im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick sagte die 39-jährige Diplompädagogin Wemheuer, die im Harz geboren wurde, Mutter von zwei Kindern ist und in Hannover lebt, sie verstehe ihr Amt überparteilich. Bis 2016 habe sie für die Grünen ein kommunales Mandat im hannoverschen Bezirksrat Linden/Limmer innegehabt, inzwischen aber übe sie bei den Grünen keine Funktionen aus. Verdi sei für alle Parteien offen, nur für rechtsextreme Parteien nicht. Ihr Amtsverständnis bringe es mit, dass sie gegenüber allen demokratischen Gruppierungen gesprächsbereit sei und den Dialog auch ausdrücklich anbiete.



Gefragt nach ihren Schwerpunkten betont Wemheuer, man werde die Arbeit der rot-grünen Landesregierung „konstruktiv-kritisch begleiten“. Die Verkehrswende beispielsweise müsse bedeuten, dass auch in ländlichen Gegenden ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Personen-Nahverkehr geschaffen werde, damit die Beschäftigten auch ohne das Auto gut zu ihrem Arbeitsplatz gelangen könnten. Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP setze hier „nicht die richtigen Akzente“.

Wichtig seien auch bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege und in den Krankenhäusern. Das niedersächsische Krankenhausgesetz werde man unter diesem Aspekt besonders betrachten – und warte gespannt darauf, welche Regeln das Sozialministerium in der dazu passenden Verordnung festlege. Unter anderem wolle sich Verdi auch für den Erhalt kleiner Kliniken einsetzen – wenn diese in bestimmten Regionen unverzichtbar seien. „Wir werden es nicht akzeptieren, wenn die Menschen in kleinen Orten im Harz, im Wendland oder auf den ostfriesischen Inseln zu lange Fahrtzeiten hinnehmen müssen, um ausreichend ärztlich versorgt werden zu können.“

Dieser Artikel erschien am 27.3.2023 in Ausgabe #056.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail