Ein gutes Jahr nach der Landtagswahl hat der NDR eine Umfrage zur politischen Stimmung veröffentlicht, die kräftige Verschiebungen ausdrückt. Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahlen wären, würde die SPD demnach 26 Prozent der Stimmen erhalten – das wären 7,3 Prozentpunkte weniger als bei der vergangenen Wahl am 9. Oktober 2022. Die CDU würde fast genau das Resultat erreichen, das sie im vergangenen Jahr hatte – 28 Prozent. Sie wäre damit dann aber stärkste Partei im Landtag. Die Grünen würden 1,5 Prozentpunkte verlieren auf 13 Prozent, die FDP würde die 5-Prozent-Hürde knapp erreichen. Großer Gewinner wäre nach dieser Umfrage die AfD, die sich von 11 auf 18 Prozent verbessern würde. Die anderen Parteien würden 10 Prozentpunkte erreichen, wobei offenbar nach der Sahra-Wagenknecht-Partei nicht gesondert gefragt worden ist.

Quelle: NDR Niedersachsen

In der Begründung erklärt das ermittelnde Institut Infratest Dimap: „Die stark bundespolitisch aufgeladene Themenagenda prägt auch die landespolitische Stimmung in Niedersachsen.“ Die SPD würde demnach „auf ihren Rekordtiefstand vom November 2018“ rutschen, während die AfD einen neuen Höchststand in den Infratest-Befragungen verbuchen könnte.

Nach Angaben des NDR lief die Befragung zwischen dem 6. und dem 11. November bei insgesamt 1178 wahlberechtigten Niedersachsen – und zwar per Telefonanruf und Online-Befragung. Der erste Jahrestag der rot-grünen Regierung war indes schon am 8. November, parallel zu einer Landtagssitzung. Der Grünen-Landesparteitag, bei dem das „Einjährige“ von Rot-Grün im Mittelpunkt stand, war schon am 11. und 12. November. Leidtragende der aktuellen Stimmungswende wäre nach den jetzt vorgestellten Ergebnissen vor allem die SPD.

Infratest spricht von „gedrückter Grundstimmung“

Nach den Umfrageergebnissen hätte damit Rot-Grün im Landtag keine Mehrheit mehr, ein schwarz-grünes Bündnis allerdings auch nicht. Infratest spricht von einer „gedrückten Grundstimmung“, 58 Prozent würden in den aktuellen Verhältnissen einen Anlass zur Beunruhigung erkennen, nur 33 Prozent seien zuversichtlich. 55 Prozent seien der Meinung, die wirtschaftliche Lage sei weniger gut oder gar schlecht.

Erhebliche Verschiebungen werden bei den Themen registriert. Als „zentrales Problem der Landespolitik“ wurden von 47 Prozent die Zuwanderung und die Flüchtlingsströme angegeben, vor einem Jahr waren das nur 7 Prozent. Das Thema „Energiepolitik und Energiewende“ wurde noch von 10 Prozent als dringend angegeben, im Herbst 2022 waren es noch 31 Prozent. Die Energiepolitik rutscht damit auf Rang fünf. Den ersten Rang hat die Zuwanderung, gefolgt von der Bildungspolitik, der Wirtschaftspolitik und der Umweltpolitik. Die Inflation plagt derzeit 5 Prozent der Befragten, vor einem Jahr waren es noch 16 Prozent.



80 Prozent der Befragten plädieren für eine grundsätzliche Wende in der Asyl- und Flüchtlingspolitik. Das gelte auch für die Hälfte derer, die sich in der Umfrage als Anhänger der Grünen outen. Beim Landesparteitag der niedersächsischen Grünen verteidigte eine große Mehrheit der Delegierten die bisherige Asylpolitik der Ampel-Regierung. Geplante Änderungen bei den Leistungen für Asylbewerber und bei der Abschiebepraxis wurden von mehreren Rednern mit scharfen Worten abgelehnt.

Hälfte der Befragten zufrieden mit Regierungsarbeit

Bei der Frage nach der Bewertung der rot-grünen Regierungsarbeit in Niedersachsen äußerte sich die Hälfte der Befragten zufrieden, auch 52 Prozent der CDU-Anhänger. Elf Prozent der SPD-Anhänger finden, eine CDU-geführte Landesregierung könne die Probleme besser lösen.

Bei der Zufriedenheit mit den führenden Politikern hat Infratest Dimap lediglich vier Personen ausgewählt und dazu gefragt – neben Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) noch Kultusministerin Julia Hamburg (Grüne), CDU-Chef Sebastian Lechner und den Fraktionsvorsitzenden der AfD, Stefan Marzischewski. Weil kommt demnach auf eine Bekanntheit von 89 Prozent und eine Zufriedenheit von 60 Prozent. Hamburg ist 42 Prozent der Befragten bekannt, sie hat einen Zustimmungswert von 15 Prozent. Zufrieden mit der Arbeit von Lechner sind nach dieser Umfrage 12 Prozent, 29 Prozent kennen ihn. Der AfD-Fraktionschef ist 20 Prozent der Befragten ein Begriff, die Zustimmung zu seiner Arbeit beträgt nur 6 Prozentpunkte.



Fragen zu den übrigen Landesministern, ihrer Bekanntheit und Beliebtheit, ersparte sich die Infratest-Umfrage. Damit lassen sich dann aus den Daten auch wenig Rückschlüsse auf mögliche Veränderungen der personellen Aufstellung ableiten.