Das Messegeschäft in der Landeshauptstadt kommt einfach nicht richtig in Fahrt. Zwei Jahre nach der Corona-Pandemie stagnieren die Aussteller- und Besucherzahlen der Hannover-Messe: Nach Angaben der Veranstalter wurden die 4000 Stände auf der „Weltleitmesse der Industrie“ in diesem Jahr von 130.000 Menschen besucht – das sind genauso viele wie im Vorjahr. „Diejenigen, die uns genauer verfolgen, wissen, dass wir in den geraden Jahren turnusmäßig eine kleinere Hannover-Messe haben. Von daher sind wir wirklich erleichtert, dass wir unser ambitioniertes Ziel erreicht haben“, sagte Messe-Chef Jochen Köckler. Stolz zitierte er Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der die Industrieschau bei seinem Rundgang als „Zugpferd des beginnenden Aufschwungs“ bezeichnet hatte. Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass die Besucherzahlen immer noch weit unter denen vor Corona liegen. Selbst 2014, im schwächsten Messe-Jahr vor der Pandemie, strömten 175.000 Menschen aufs Messegelände. Die Hannover-Messe leidet offenbar unter Long-Covid, was auch der Vergleich mit der vorangegangenen Krise deutlich macht: Nach der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 hatte die Industrieschau sehr viel schneller wieder zu alter Stärke zurückgefunden.

Dass da noch sehr viel Luft nach oben ist, war auf dem Messe-Gelände sichtbar: Auffällig viele Leerflächen und künstlich aufgeblähte Stände waren in fast allen Hallen zu finden. Überhaupt zeigte sich dasselbe Bild wie schon im Vorjahr: Während bei Topausstellern wie Siemens, Amazon Web Services, Bosch Rexroth oder Google Cloud die Post abging, erlebte das breite Aussteller-Mittelfeld ein mehr oder weniger zufriedenstellendes Messegeschäft. Und dann gab es noch viele, viele kleine Aussteller aus dem Ausland, die sich in ihren Ständen die meiste Zeit langweilten. „Die Aussteller aus der Elektrotechnik und dem Maschinenbau konnten auf der Hannover-Messe ein Stückweit ihre Stimmung aufhellen“, berichtete Gunther Kegel, Chef des Zentralverbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) und Vorsitzender des Ausstellerbeirats. Die beiden Branchen würden derzeit schwierige Zeiten erleben, weil vor dem Hintergrund der allgemeinen Wirtschaftslage kaum noch Ausrüstungsinvestitionen getätigt werden. Zudem gebe es im Maschinenbau und in der Elektroindustrie weiterhin große Lagerbestände, die erst einmal abgebaut werden müssen. „Das trübt die Stimmung im Besonderen ein und da ist es wichtig, mit seinen Kunden zu reden, um zu erfahren: Wie lange reichen die Zwischenbestände noch? Wann geht das Bestellen wieder los? Und dafür gibt es keinen besseren Punkt als eine Messe“, sagte Kegel.
Der ZVEI-Chef stellte zudem eine positive Entwicklung im diesjährigen Messegeschehen fest. „Wichtig ist für uns Aussteller ein gesunder Mix zwischen CEOs, den Topentscheidern, und den Ingenieuren, die konkrete Projekte mitbringen. Und das war in Hannover nicht immer ganz zufriedenstellend: Zu viele Häuptlinge, zu wenig Indianer. Das hat sich in diesem Jahr erfreulich verschoben“, berichtete Kegel und ergänzte: „Wir haben etwa eine 50:50-Aufteilung zwischen Menschen die uns besuchen, weil sie sich über die großen Trends informieren wollen, und Menschen, die mit ganz konkreten Projektvorstellungen kommen.“ Wenn es um politische Relevanz geht, erlebte die Hannover-Messe ebenfalls einen klaren Aufwärtstrend. Mehr als 300 wirtschaftspolitische Delegationen besuchten in diesem Jahr die Industrieschau – dreimal so viele wie im Vorjahr. „Wir dürfen mit Fug und Recht behaupten: Die Hannover-Messe ist die weltweit größte Dialogplattform zwischen Industrie und Politik“, freute sich Köckler. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hätten auch vier Bundesminister, vier Ministerpräsidenten, Regierungsvertreter sämtlicher Bundesländer sowie ein gutes Dutzend Industrieminister aus aller Welt an der Messe teilgenommen. Der Anteil der ausländischen Fachbesucher betrug laut Köckler erneut über 40 Prozent. Die meisten internationalen Gäste kommen aus China, den Niederlanden, den USA, Südkorea und Japan. „Das zeigt, dass die etablierten Industrienationen auch nach Hannover reisen, weil sie hier in Hannover als erstes ihre Antworten auf Fragen finden, die dann in Investitionen münden“, so der Messe-Chef.