Nach der langen Zeit der SPD-Dominanz haben viele Leute die Stadtverwaltung mit der SPD gleichgestellt – und ihren Ärger über viele kleine Unzulänglichkeiten dort abgeladen.
Da habe sich etwa ausgedrückt bei vielen keinen Bauvorhaben in der Stadt, bei denen der Stadtbaurat mit engagierten Bevölkerungsgruppen in den Stadtteilen aneinander geraten sei. Die SPD in Emden sei „überaltert“, sagt Brinkmann. Sie brauche mehr junge Leute und mehr Zuwendung zu den Problemen der Leute vor Ort.
Aufbruchstimmung und SPD-Überdruss
Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Dieter Haase aus Emden sagte dem Rundblick, die örtlichen Parteigremien seien zu schwach gewesen und hätten kein Profil gezeigt: „Nach der langen Zeit der SPD-Dominanz haben viele Leute die Stadtverwaltung mit der SPD gleichgestellt – und ihren Ärger über viele kleine Unzulänglichkeiten dort abgeladen.“ Wirtschaftliche Probleme kamen hinzu: Die Werften sind geschlossen, die Windkraftfirmen haben Sorgen, VW steht vor der schwierigen Umstellung auf E-Mobilität. „In dieser Situation wirkt die SPD in Emden wie ein langsam fließender, dunkler Fluss, der nicht mehr in der Lage ist, Strudel zu bilden“, beklagt Haase. Noch weitere Aspekte werden hinzugefügt: Der Auricher SPD-Landtagsabgeordnete Wiard Siebels sagt, der siegreiche Bewerber Kruithoff habe mit seinem Motto „Veremderung“ (gemeint als Wortspiel von „Veränderung“) eine Aufbruchstimmung erzeugen können. „Er hat die größtmögliche Ablehnung der Verhältnisse verbinden können mit einer unbestimmten Hoffnung auf Verbesserung.“
Er hat die größtmögliche Ablehnung der Verhältnisse verbinden können mit einer unbestimmten Hoffnung auf Verbesserung.
Obwohl die Frage des Neubaus der einer Zentralklinik für Ostfriesland – außerhalb der Stadt – inzwischen ausgestanden scheint, zumal auch die Mehrheit der Bürger inzwischen dafür ist, sehen manche Beobachter auch hier eine Begründung: Die Stadt Emden mit ihren 50.000 Einwohnern, die ihre Kreisfreiheit mit Stolz vor sich herträgt und in Ostfriesland eine Sonderstellung behauptet, musste das eigene Krankenhaus abgeben. Was wirtschaftlich und gesundheitspolitisch gut begründet ist, mag sehr wohl das Selbstwertgefühl vieler Emder nachhaltig verletzt haben. Kann das Wahlergebnis auch eine Langzeitwirkung dieser Entwicklung sein? Die Vize-Bürgermeisterin Andrea Risius (CDU) widerspricht: „In der Klinikfrage waren diesmal alle einer Meinung, das hat die Wahl sicher nicht beeinflusst.“
