16. Dez. 2025 · 
TagesKolumne

Mit dem Klingelbeutel gepudert

So ein Käse: In Celle zerbricht nach fast vier Jahrzehnten die Verbindung zwischen Theater und Kirche. Es geht, wie so oft, ums Geld.

Meine Frau wollte eigentlich nur wissen, wann der Weihnachtsgottesdienst bei unserem Lieblingspastor beginnt. Eine dieser scheinbar harmlosen Recherchen, die man mit einem Klick erledigt glaubt. Stattdessen stolperte sie über ein Drama in mehreren Akten, das von der Entfremdung einer Theatergruppe und ihrer Kirchengemeinde berichtet.

39 Jahre lang waren „Die Kirchenmäuse“ ein fester Bestandteil des Gemeindelebens in Groß Hehlen (Stadt Celle). Dann aber stellte sich heraus, dass Mäuse und Kirchenvorstand sehr unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, wem der Käse zusteht. Nach dem 26. Theaterstück, einer Elvis-Komödie mit dem Titel „It’s now or never!“, dachte sich offenbar auch die Theatergruppe: Jetzt oder nie – und meldete Ansprüche auf die Einnahmen aus der Theaterkasse an.

Bei "It's now or never!" gingen Sie aufs Ganze, bei der Namensfindung eher nicht: "Die Kirchenmäuse" haben sich umbenannt. | Foto: Die Mäuse

Die Kirchengemeinde rief der Theatergruppe zwar noch zu: „Don't be cruel“, quittierte deren Forderungen jedoch mit einem resoluten „Return to sender“. In den anschließenden Gesprächen entstand beidseits zunehmend der Eindruck, man habe es womöglich mit einem „Devil in disguise“ zu tun. Spätestens da war die Sache „All shook up“. Am Ende mussten beide Seiten einsehen: „We can't go together with suspicious minds“.

Die ehemaligen Kirchenmäuse haben nun ihren eigenen Verein gegründet. Zwar beginnt die Theatergruppe nach eigenen Angaben finanziell bei null, weil alle Rücklagen als Gemeindemittel bei der Kirchengemeinde verbleiben. Auf Gofundme haben die Thespisjünger aber bereits 1470 Euro eingesammelt und schon die nächste Komödie in Planung: „Weihnachten auf dem Balkon“. Premiere ist allerdings erst am 7. Februar.

Neben dem Timing ist aus meiner Sicht auch das Naming noch verbesserungsfähig. „Die Kirchenmäuse“ heißen jetzt einfach nur noch „Die Mäuse“. Das ist solide, minimalistisch – und eine verpasste Gelegenheit. Wer sich von Kirche und Rücklagen lossagt, hätte bei der Namensfindung ruhig etwas mutiger auftreten dürfen. „PayPal & Passion“ hätte das neue Selbstverständnis glasklar formuliert, „Die häretischen Hamster“ zumindest mit einem Augenzwinkern auf das Schisma reagiert, ohne die Nagetier-Tradition zu vergessen. Auch „Apostel der Abendkasse“, „Theatergruppe Amen & Aus“ oder „Die beleidigte Leberwurstbühne“ wären ein eindeutiges Statement gewesen.

Dass es nur "Die Mäuse" geworden sind, finde ich persönlich enttäuschend. Aber immerhin weiß meine Frau mittlerweile, wann der Weihnachtsgottesdienst beginnt. Das ist ja auch etwas. Halleluja!

Im heutigen Rundblick präsentieren wir ein Drama in immerhin vier Aufzügen. Das steht auf dem Spielplan:

  • Landtag, Teil 1: Die Kontrolle des Verfassungsschutzes ändert sich grundlegend: Der bisherige Landtagsausschuss fällt weg, dafür wird ein neues Gremium geschaffen - wohl ohne Beteiligung der AfD.


  • Landtag, Teil 2: Mehr Geld für die Städte und Gemeinden - dafür weniger für die Landkreise. Dies ist der Kern der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs. Rot-Grün hat das jetzt beschlossen.


  • Standort-Tragödie: Kosten, Bürokratie, Einzelhandel: Zwei Branchenriesen aus Niedersachsen erklären, warum der Standort Deutschland für die Ernährungsindustrie immer herausfordernder wird.


  • Glücksspiel-Posse: Hoher Einsatz, klares Nein: SPD und Grüne stoppen den CDU-Vorstoß zur Verlängerung von Verbundspielhallen – trotz Warnungen vor Jobverlusten.

Elvis hat das Gebäude verlassen. Und ebenso verabschiedet sich
Ihr Christian Wilhelm Link


Dieser Artikel erschien in Ausgabe #224.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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