Antje Niewisch-Lennartz, Obfrau für Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Bistum Hildesheim, hat sich mit einem drängenden Anliegen an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, gewandt. In dem Schreiben, das auf der Internetpräsenz der Expertengruppe „Wissenteilen Hildesheim“ veröffentlicht wurde, fordert die früherer niedersächsische Justizministerin mit Nachdruck, die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs auf konkrete weitere Bereiche auszuweiten. So sieht sie die „zwingende Veranlassung“, die Tätigkeit des Missionswerks „Fidei Donum“ aufzuarbeiten. Ihre Aufmerksamkeit wurde auf diese Gruppierung gelenkt, weil sie ein auffälliges Schreiben an den damaligen Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen entdeckt hat, dessen Amtszeit die Expertengruppe in Hildesheim aufgearbeitet hat. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass der spätere Bischof Emil Stehle noch in seiner Funktion als Geschäftsführer von „Fidei Donum“ an der Vereitlung von Strafverfolgung in Missbrauchsfällen durch Priester beteiligt gewesen sein soll. Stehle soll dafür gesorgt haben, dass Priester, gegen die der deutsche Staat ermittelt hat, nach Südamerika versetzt wurden. Doch die Veranlassung zu weitergehenden Untersuchungen ergibt sich für Niewisch-Lennartz aus einem weiteren Grund: Aufgrund der Enthüllungen der Expertengruppe „Wissenteilen Hildesheim“ haben sich nämlich nun zunächst ein Angehöriger und dann auch die Betroffene selbst bei der Obfrau gemeldet und erklärt, von Stehle sexuell missbraucht worden zu sein. In der Diözese, in der Stehle früher als Priester tätig gewesen ist, soll es zudem einen weiteren bekannten Missbrauchsfall geben. Niewisch-Lennartz schreibt an Bätzing: „Aufgrund meiner Erfahrungen im Rahmen der Tätigkeit für die Expertengruppe aber auch aufgrund meiner langjährigen richterlichen Expertise habe ich keinen Anhaltspunkt dafür, an dem Wahrheitsgehalt des Vortrags zu zweifeln.“ Abschließend macht sie in ihrem Brief deutlich: „Dass Bischof Stehle in seiner Funktion als Geschäftsführer des „Fidei Donum“ nachweislich einen des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priester in Südamerika der hiesigen Strafverfolgung entzogen hat, nunmehr selbst als Tatverdächtiger gelten muss, führt zur Dringlichkeit einer sofortigen und systematischen Aufklärung.“