Mielke weist CDU-Kritik zurück – und belastet seine Personalchefin in der Staatskanzlei
Im Streit um eine möglicherweise unwahre Auskunft von Staatskanzleichef Jörg Mielke (SPD) vor dem Landtag droht jetzt eine Klage vor dem Staatsgerichtshof. Ende September hatte die CDU Mielke eine Frist gesetzt, innerhalb der er eine erste Auskunft zur Büroleiter-Affäre gegenüber dem Parlament noch korrigieren kann. Nach Ablauf dieser Frist steht nun fest: Mielke bleibt bei seiner ursprünglichen Auskunft – und interessanterweise belastet er in seiner Antwort die eigene Personalchefin in der Staatskanzlei. Die CDU prüft nun die juristischen Konsequenzen. Brisant ist in Mielkes Schreiben an die CDU-Politiker Carina Hermann und Jens Nacke vor allem eine Passage, in der der Chef der Staatskanzlei auf eine interne Mail eingeht, die in der Büroleiter-Affäre von der Personalchefin des Hauses verfasst wurde. Die Referatsleiterin sei womöglich „beim freitagabendlichen Verfassen der E-Mail vor dem Hintergrund der Komplexität der Gesamtmaterie versehentlich zu einer irrtümlichen Aussage gekommen“, schreibt Mielke.
Der Kern des Streit ist ein kompliziertes, teilweise bereits ausführlich im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Büroleiter-Affäre erörtertes Thema. Es geht um die Vermutung, dass die Büroleiterin des Ministerpräsidenten, Aynur C., nicht nur einmal, sondern gleich doppelt von kurzfristig geschaffenen Sonderregeln des Kabinetts profitiert hat. Die eine Sonderregel wurde bereits monatelang besprochen: Das Finanzministerium hob Ende 2023 die bisherige Vorschrift auf, nach der Angestellte eine AT-Vergütung nur erhalten dürfen, wenn es einen „fiktiven Vergleich“ mit einer Beamtenlaufbahn gibt. Dies bedeutete in der Praxis, dass kein Angestellter mit nur kurzer Berufspraxis sprunghaft von E15 auf B2 angehoben werden darf – denn ein vergleichbarer Beamter müsste längere Zeit in jeder Besoldungsstufe verharren. Diese Vorgabe wurde im November 2023 gekippt – offenbar, so die bei der CDU gehegte Vermutung, extra für C.. Es gab aber noch eine zweite, erst im Juni 2024 bekanntgewordene Veränderung der bisherigen Verwaltungspraxis. Das bis dahin gültige Verfahren bei AT-Vergütungen sah mehrmonatige Wartezeiten in jeder Besoldungsstufe vor, bevor die nächste erreicht werden kann. Anfang Januar 2024 hatte das Kabinett diese Regel aufgehoben, und die CDU wollte von Mielke wissen, ob C. auch von dieser zweiten Vorgabe profitiert habe. Dies wurde am 12. August von Mielke verneint – bei C. handele es sich „um eine Neueinstellung“, für diese habe die Anfang Januar 2024 veränderte Verwaltungspraxis keine Bedeutung gehabt.
Diese Aussage Mielkes gegenüber dem Landtag hält die CDU für falsch. C. sei im Februar 2023 in Niedersachsen eingestellt worden, die AT-Zulage hatte sie erst per Kabinettsbeschluss am 21. November 2023 zugestanden gekommen – ein Dreivierteljahr später. Damit sei sie keine „Neueinstellung“ mehr – sondern eine Bestandskraft. Die Verwaltungspraxis zu den Wartezeiten in jeder Besoldungsstufe habe also, so meint die CDU, auch für C. gelten müssen. Tatsächlich wurde die noch im November 2023 gültige alte Praxis, die jene Wartezeiten noch vorgesehen hatte, bei C. zum Zeitpunkt ihrer Beförderung aber nicht angewandt. Auf diesen Umstand hatte auch die Personalchefin der Staatskanzlei in einer internen Mail am 15. März 2024 hingewiesen. Damit wird die Position der CDU wesentlich durch die Staatskanzlei-Personalchefin gestützt.
Mielke schreibt jetzt, tatsächlich sei C. auch noch zehn Monate nach ihrer Einstellung als „Neueinstellung“ zu bewerten. Dass es so lange gedauert habe, bis sich Staatskanzlei und Finanzministerium im Fall C. auf ein neues Verfahren geeinigt hatten, ändere nichts an der Tatsache, dass C. immer noch als Neueinstellung behandelt worden sei. Auf den Widerspruch dieser Position zur Aussage seiner eigenen Personalchefin geht Mielke auch ein. Er schreibt, dass diese einen Fehler eingeräumt habe und führt weiter aus: „Andererseits kann die Verfasserin der E-Mail aber auch nicht mit Gewissheit ausschließen, dass sie beim freitagabendlichen Verfassen der E-Mail vor dem Hintergrund der Komplexität der Gesamtmaterie versehentlich zu einer irrtümlichen Aussage gekommen sein könnte.“
Dieser Artikel erschien am 14.10.2024 in der Ausgabe #178.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
Jetzt vorbestellen