Der Journalismus befindet sich im Wandel. Gedruckte Tageszeitungen verlieren seit Jahren an Abonnenten und Werbekunden, dafür springen digitale Modelle in die Bresche. Verleger werden zu Digitalpublishern, Verlage zu Mediengruppen. Eines der größten dieser modernen Medienunternehmen ist die Madsack-Gruppe mit Sitz in Hannover. Mit einem Jahresumsatz von 731 Millionen Euro und mehr als 4000 Beschäftigten gehört der Konzern zu den zehn größten Zeitungsgruppen der Bundesrepublik. „Es gibt mehr als 300 Tageszeitungen in Deutschland. Das ist in dieser Phase, in der sich der Journalismus befindet, kaum zu halten. Entweder man wird konsolidiert oder man ist konsolidiert“, sagt Madsack-CEO Thomas Düffert über den Zustand der Presselandschaft in Deutschland.

Bei einer Vortragsveranstaltung des Industrie-Clubs Hannover gab der gebürtige Schleswig-Holsteiner, der bereits seit den 1990er Jahren im Tageszeitungsgeschäft ist, kürzlich Einblicke in seine Mediengruppe und die Transformation der Branche. „Wenn Madsack das nicht schafft, dann schafft es keiner. Wir sind Konsolidierer“, sagte Düffert vor rund hundert Unternehmern, Bankiers und Verbandsfunktionären in der Alten Druckerei in Hannover.
„Konsolidieren heißt: Wir machen die Sachen im Verlag nur noch einmal und nicht 25 Mal“, erklärt der gelernte Betriebswirt, der vor seinem Amtsantritt als Madsack-CEO vor zehn Jahren auch schon große Zeitungshäuser im Auftrag von Gruner+Jahr sanierte. Inzwischen werde zwar etwa jede fünfte deutsche Tageszeitung im überregionalen Teil von der konzerneigenen Nachrichtenagentur „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) teilweise oder komplett beliefert. Angesichts der großen Nachrichtenflut sieht Düffert trotzdem nicht die Gefahr einer „Gleichmacherei“ oder „Versteppung der Presselandschaft“. „Die wahre publizistische Kraft sind die Regionalzeitungen“, betont der 55-Jährige und fügt hinzu: „Das jedem Abonnenten zu vermitteln, ist extrem schwer.“

20 Regionalzeitungen in acht norddeutschen Bundesländern vertreibt Madsack derzeit – von „Die Harke“ im Weserbergland über „HAZ“ und „Neue Presse“ in Hannover bis zur „Ostsee-Zeitung“ in Rostock. Im Schnitt 635.000 Zeitungsexemplare verkaufe die Mediengruppe jeden Tag. „Das ermöglicht uns, mit der ganzen Kraft des Konzerns zu digitalisieren und zu konsolidieren. Madsack ist wirtschaftlich noch sehr gut aufgestellt“, sagt Düffert. Bei der gedruckten Tageszeitung gebe es seit 1998 allerdings nur noch eine Richtung: abwärts. „Print nähert sich dem Ende“, sagt der Medienmacher und ergänzt: „Es gibt immer weniger Druckereien, in denen immer mehr Zeitungen mit immer weniger Auflagen gedruckt werden. Auch der Druckereimarkt konsolidiert sich.“ 2010 habe Madsack acht Druckereien betrieben. „Jetzt haben wir noch zwei“, konstatiert Düffert.
Dafür habe die Mediengruppe die Zahl der reinen Digitalabos seit 2017 von 48.000 auf 205.000 steigern können. Der Digitalanteil sei in dieser Zeit von 6 Prozent auf 16 Prozent gewachsen, bis 2030 sollen es 75 Prozent sein. „Wir sind auf einem guten Weg, aber er ist noch extrem lang“, erklärt der CEO über den Wandel zum digitalen Medienunternehmen, der auch mit anderen finanziellen Umbrüchen verbunden ist. In seinen Anfangszeiten hätten Verlage noch 70 Prozent ihrer Einnahmen durch Werbung generiert und 30 Prozent über Abos. „Das hat sich total gedreht. Heute schaltet man Werbung sehr zielgenau, während man bei der Tageszeitung eher eine breite Masse anspricht“, verrät Düffert. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei deswegen das Abo nun die wichtigste Größe, zumal auch der Grundsatz gelte: „Werbung folgt Abos“.
„Es wird einer unserer Claims sein: Das, was wir machen, wird noch von Menschen gemacht."
Felix Harbart, Stellvertretender Chefredakteur HAZ

Kritisch blickt der Madsack-CEO auf die Entwicklungen bei der Künstlichen Intelligenz. „Bei allen Chancen ist das eine wirklich große Gefahr“, sagt Düffert. Um die Grenzen zum Qualitätsjournalismus nicht aufzuweichen, würde er ChatGPT nicht einmal einen Artikel über einen Zumba-Kurs in Burgdorf schreiben lassen, sagt er. „Es wird einer unserer Claims sein: Das was wir machen, wird noch von Menschen gemacht“, bestätigt der stellvertretende HAZ-Chefredakteur Felix Harbart. Richtig verärgert ist Düffert über die Art und Weise, wie die Tech-Riesen Amazon, Facebook, Microsoft und Google mit Presseveröffentlichung umgehen. „Die KI geht am Leistungsschutzrecht vorbei“, sagt Düffert. Die großen Internetkonzern zahlen seiner Ansicht nach in Deutschland viel zu wenig Lizenzgebühren.
Während Google für die Nutzung von Presseinhalten in Australien und Frankreich zwischen 90 bis 100 Millionen Euro zahlen musste, hat die deutsche Verwertungsgesellschaft Corint Media (ehemals VG Media) bislang nur eine vorläufige Vergütungszahlung von 5,8 Millionen Euro erstreiten können. Die deutschen Verleger hoffen darauf, dass das nicht das letzte Wort ist und die Summe im Hauptverfahren deutlich höher ausfällt. „In den nächsten zwölf Monaten wird sich entscheiden, ob Google damit durchkommt oder nicht“, sagt Düffert.