Machtkampf in der AfD: Hampel will Druck des Bundesvorstandes widerstehen
Der Krimi um gefälschte Behördenschreiben und schlampige Vorbereitung der anstehenden Wahlkämpfe in der AfD Niedersachsen geht weiter. Am Wochenende wurde bekannt, dass der umstrittene Landesvorsitzende Armin-Paul Hampel den einstimmigen Beschluss des Bundesvorstandes von Freitag, der Landesverband möge die Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl wiederholen, nicht umsetzen will. In der Bundesvorstandssitzung soll es dramatische Szenen gegeben haben. Als der Punkt „Niedersachsen“ aufgerufen wurde, soll Hampel aufgestanden sein und den Raum verlassen haben. Damit entzog er sich einem Dialog über die Vorkommnisse der vergangenen Tage, die das Bild der AfD bundesweit getrübt hatten: Mitte vergangener Woche hatte AfD-Landesgeneralsekretär Jens Kestner angebliche Briefe von Landeswahlleiterin Ulrike Sachs präsentiert, in denen eine erfolgreiche und beanstandungslose Überprüfung der Landesliste bestätigt wurde. Wie sich später herausstellte, waren diese Dokumente gefälscht, tatsächlich ist die im Februar beschlossene Landesliste immer noch nicht eingereicht worden – weil der Landesschriftführer es versäumt hatte, die Unterlagen ordentlich im Innenministerium abzugeben. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt inzwischen, parteiintern wird der Vorfall so eingeschätzt, dass der AfD-Landesverband „zum Gespött der ganzen Republik“ geworden sei.
[caption id="attachment_16330" align="aligncenter" width="780"] Hampel und sein Landesvorstand müssen harte Auflagen hinnehmen - Foto: jolewa[/caption]
Der Bundesvorstand wollte am Freitag Druck auf Hampel ausüben, zeigte dabei aber selbst einige Schwächen. Die Vorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen waren in der Sitzung ebenso wenig anwesend wie der Vize-Vorsitzende Alexander Gauland. Die Wortführer waren die Spitzenkandidatin Alice Weidel und das Vorstandsmitglied Albrecht Glaser. Sie verzichteten allerdings darauf, ihre Aufforderung an Hampel mit einer Drohung zu verknüpfen, den Landesvorstand notfalls des Amtes zu entheben und einen Verwalter einzusetzen, der die ordnungsgemäße Organisation einer neuen Listenaufstellung in die Hand nimmt. Diese Möglichkeit hätte der Bundesvorstand allerdings immer noch.
Druck übten Weidel, Glaser und die anderen Bundesvorstandsmitglieder allerdings in anderer Hinsicht aus: Der von Hampel für Mitte Juli erbetene 50-Prozent-Vorschuss der Bundespartei für den Landtagswahlkampf, es soll sich um 350.000 Euro handeln, soll vorerst nicht ausgezahlt werden. Der Gesamtbetrag (700.000 Euro) sollte nach bisherigen Plänen spätestens Mitte August auf das Konto des Landesverbandes eingehen. Der Bundesvorstand zog jetzt die Notbremse: Zunächst müsse geklärt werden, ob der Landesverband seine Verpflichtungen gegenüber den Kreisverbänden korrekt nachgekommen ist – und daran gibt es Zweifel mit Blick auf das Geld, das schon für den Bundestagswahlkampf gegeben wurde. Zehn Kreisverbände, heißt es, klagen über fehlendes Geld des Landesverbandes. Die AfD geht auch Hinweisen nach, es sei zu ungerechtfertigten und nicht vertretbaren Spesenausgaben des Landesvorstandes gekommen. Hier ist unter anderem von einer merkwürdigen und dauerhaften Mietwagennutzung die Rede.
[caption id="attachment_17961" align="aligncenter" width="780"] Die zwei Fake-Schreiben der Landeswahlleiterin - verschickt mit einer Pressemitteilung der AfD Niedersachsen[/caption]
Am Dienstag treffen AfD-Vertreter sich mit Landeswahlleiterin Sachs. Wie es heißt, hat nicht Hampel die Federführung der Gespräche, sondern sein Stellvertreter Wilhelm von Gottberg aus Lüchow-Dannenberg. Während Hampel darauf beharrt, die im Februar beschlossene Landesliste noch einmal vorzulegen und die dazu nötigen Wählbarkeitsbescheinigungen und Erklärungen noch einmal einzuholen, sehen das mehrere andere Mitglieder im Landesvorstand offenbar anders. Einige sollen es für besser halten, parallel zu einer neuen Aufstellungsversammlung einzuladen – zumal es Hinweise auf massive Mängel in der Versammlung vom Februar gibt.
Bei einer Wiederholung müsste Hampel aber nach den Vorkommnissen der vergangenen Tage fürchten, nicht mehr neuer Spitzenkandidat zu werden, da seine internen Kritiker immer stärker werden. Allerdings ist es auch für eine Wiederholung der Listenaufstellung schon sehr spät: Bis 17. Juli muss die neue Liste vorliegen und auch von der Landeswahlleiterin überprüft worden sein. Die Sommerferien stehen aber vor der Tür – und so können viele Mitglieder, die Reisen gebucht haben, gar nicht teilnehmen. Dies könnte wiederum ein Anfechtungsgrund gegen eine dann neu beschließende Aufstellungsversammlung sein.
Unterdessen droht der AfD schon der nächste Personalstreit. In den vergangenen Wochen war davon ausgegangen worden, der Kreisvorsitzende aus Peine-Gifhorn, Oliver Westphal, werde für Platz eins der Landesliste für die Landtagswahl antreten. Nun heißt es, Favorit sei Generalsekretär Jens Kestner aus Northeim – der allerdings durch die jüngsten Ereignisse an Statur verloren hat. Mitte August soll die Landtagswahl-Landesliste aufgestellt werden.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #113.