17. Feb. 2020 · 
Wirtschaft

Lies: Wenn es nach mir ginge, sollte man die Regeln für Wärmedämmung nicht verschärfen

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hat sich als Gegner einer weiteren Verschärfung der Bestimmungen von Wärmedämmung und Energieeinsparung in Gebäuden bekannt. In einer Veranstaltung des Verbandes der Wohnungswirtschaft (VdW) und der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) sagte Lies am Montag, er sehe schon heute einen sehr hohen Standard bei diesen Vorgaben, die auf Bundesebene festgelegt werden. „Im Kreis der Umweltminister der Länder bin ich nun der einzige, der die Ansicht vertritt: Es reicht zunächst, in den kommenden fünf Jahren sollten wir die Vorschriften hier nicht weiterentwickeln.“ Der SPD-Politiker fügte hinzu, dass sehr hohe Standards auch zu einer Verteuerung der Bauvorhaben führen. Auf der anderen Seite seien aber Hinweise berechtigt, diese Hürden abzusenken und damit mehr preisgünstigem Wohnraum schaffen zu können. Man müsse auch berücksichtigen, dass die Baustandards in Deutschland weit über denen anderer Länder lägen. Die VdW-Verbandsdirektorin Susanne Schmitt sagte, man könne über ein Bündel verschiedener Schritte nachdenken – ein Moratorium für Baukosten etwa, eine radikale Absenkung der Standards beim Bauen oder auch eine Beschleunigung von Baugenehmigungen, beispielsweise über pauschale Bautypen, die eine schnellere Überprüfung gestatten.
Lesen Sie auch: Weil lobt Plan für Landeswohnungsbaugesellschaft Wohnungswirtschaft klagt: Für Bauvorhaben bekommen wir oft gar keine Angebote mehr
VdW und UVN hatten vor allem wegen der prekären Lage auf dem Wohnungsmarkt zur Fachkonferenz eingeladen. Schmitt sagte, es gehe nicht nur um sozialen Wohnungsbau, sondern auch um eine Familie etwa mit einem Einkommen zwischen 3500 und 4500 Euro monatlich, das in einen Ballungsraum leben wolle und für eine Miete bis zu 9 Euro je Quadratmeter kein Angebot finde. Im höheren Preissegment von bis zu 14 Euro gebe es noch genügend Wohnungen, das Problem seien Wohnungen im mittleren Bereich. Lies meinte, in den kommenden drei Jahren stehe dem Land (gemeinsam mit Bundesgeld) 1,7 Milliarden Euro zur Verfügung für sozialen Wohnungsbau. Das reiche für 3000 neue Wohnungen, nötig sei aber viel mehr. Das Land wolle mit einer neuen Gesetzesinitiative die Chance schaffen, für fünf Jahre bei der Bebauung etwa von Baulücken auf Vorgaben für Parkplätze, Spielplätze und Barrierefreiheit zu verzichten. Viele andere Standards lege die Bauwirtschaft selbst fest, weitere würden auf Bundesebene geregelt. Lies sieht dort etwa „ein unbegründetes Misstrauen gegenüber der Holzbauweise“, obwohl Holzkonstruktionen oft weit stabiler seien als Stahlgerüste. Der Minister befürwortet zudem eine strikte Digitalisierung von Baugenehmigungen: Der Antragsteller solle seinen Antrag an eine Stelle schicken, von dort auch sollte der Vorgang parallel an verschiedenen Stellen des Bauamtes bearbeitet werden (und nicht, wie bisher analog, zeitlich nacheinander).

Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft löst bei VdW-Chefin Skepsis aus

UVN-Hauptgeschäftsführer Volker Müller erklärte, man müsse eine Menge an Preistreibern in den Blick nehmen, die gerade in Deutschland das Bauen verteuerten – das fange an beim Denkmalschutz, führe über zu knappes Bauland und teure Gebühren auf Bauschuttdeponien bis hin zu Spezialvorschriften. So müsse ein bodentiefes Fenster mit Sicherheitsglas ausgestattet sein, damit Menschen nicht durch das Glas brechen und in die Tiefe stürzen. Jörn P. Makko vom Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen kritisierte Vorgaben wie etwa zur automatischen Lüftung von Gebäuden, die teuer sind und von denen niemand wisse, wie lange sie halten können. Während Makko meinte, die Bauindustrie sei gegenwärtig zu 80 Prozent ausgelastet und für jedes neue Vorhaben gebe es immer noch eine Firma, die tätig wird („da geht immer noch was“), äußerte sich Lies deutlich skeptischer. Er habe oft erlebt, dass auf Ausschreibungen nur noch ein Anbieter antwortet, völlig überzogene Preisvorstellungen äußert und das Projekt damit unbezahlbar macht. Die Forderung der SPD, mit einer Landeswohnungsbaugesellschaft an den Markt zu gehen, löste bei Schmitt Skepsis aus: „Damit werden wir angesichts des knappen Baulandes und der hohen Standards kurzfristig nicht viel mehr Wohnungen schaffen können. Aber wenn die Entscheidung dafür fallen sollte, werden wir uns dem auch nicht verschließen.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #032.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail