Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) hat am Dienstag einen großen Erfolg beim Nährstoffmanagement des Landes vermelden können: Im Berichtsjahr 2020/21 konnte erstmals der landesweite Stickstoffüberschuss durch Düngung komplett abgebaut werden. „Wir haben ein wichtiges Etappenziel beim Nährstoffeinsatz erreicht“, bewertete Otte-Kinast die Lage bei der Vorstellung des jährlichen Nährstoffberichts in Hannover.

Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) freut sich über ein „wichtiges Etappenziel“ beim Nährstoffeinsatz | Foto: Kleinwächter

Ziel der systematischen Erfassung seit 2012/13 ist es, die Nährstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft erheblich zu verringern, um schädliche Einträge ins Grundwasser zu vermeiden. Der höchste Stickstoffüberschuss wurde mit 80.593 Tonnen im Berichtsjahr 2014/15 erfasst, seitdem konnte die Menge schrittweise abgesenkt werden und erreichte im vergangenen Jahr nun den Tiefststand von Minus 3655 Tonnen unter dem Bedarf.

In zwei Landkreisen liegt der Stickstoffüberschuss allerdings noch immer oberhalb des in der Düngeverordnung festgelegten Höchstwerts von 170 Kilogramm pro Hektar. Dies betrifft die an Tierhaltung starken Kreise Cloppenburg und die Grafschaft Bentheim. Knapp unterhalb dieser Grenze in einem noch immer kritischen Bereich liegen die Landkreise Vechta und Rotenburg (Wümme).

Rückgang der Tierzahlen trägt zum Erfolg bei

Heinz-Hermann Wilkens, in der Landwirtschaftskammer für das Berichtswesen im Düngerecht zuständig, führte die Rückgänge der vergangenen Jahre auf mehrere Faktoren zurück: Zunächst habe es weniger Mineraldünger gegeben, dann sei aufgrund der Trockenheit insgesamt weniger angebaut und gedüngt worden. Hinzu kämen außerdem rechtliche Änderungen: Die novellierte Düngeverordnung von 2017 hat zu einer Reduzierung gezwungen, außerdem seien die Betriebe nach der Einführung des elektronischen Meldesystems „Enni“ in Niedersachsen deutlich vorsichtiger geworden bei der Düngung ihrer Felder. Auch der Rückgang der Nutztierbestände habe einen Einfluss gehabt, da sich dadurch der Dunganfall insgesamt verringert habe.


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Agrarministerin Otte-Kinast erklärte außerdem, die landwirtschaftlichen Betriebe hätten durch intensive Planung, Beratung und bürokratische Erfassung ihrer Düngemengen erheblich zur Vermeidung von Nitrateinträgen beigetragen. Ein Faktor sei auch der Einsatz neuer Landtechnik und der Aufbau von Gülle-Lagerstätten gewesen.

Phosphat-Überschuss bereitet weiter Probleme

Nach der Vorstellung des Berichts gab es rasch ein verhaltenes Lob von den Umweltschutz-Organisationen Nabu und BUND sowie von der Grünen-Landtagsfraktion. Unisono wurde das gesunkene Nährstoffaufkommen gelobt, gleichzeitig wurden aber weitere Maßnahmen gefordert. Vor allem die in elf Landkreisen und kreisfreien Städten immer noch zu hohen Überschüsse beim Phosphat erregen die Naturschützer.


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Miriam Staudte von den Grünen erklärte: „Die Zahlen zeigen auch, dass sich insbesondere beim Phosphateintrag viel zu wenig getan hat. Ein Überangebot an Phosphat schädigt den Boden, verursacht eine Überdüngung der Oberflächengewässer und ist zudem noch eine Verschwendung des endlichen und wichtigen Rohstoffs Phosphor.“ Auch Agrarministerin Otte-Kinast bekannte, dass es bei einem Überschuss von 22.630 Tonnen Phosphat einen „hohen Handlungsbedarf“ gebe, um Grund- und Oberflächengewässer flächendeckend zu schützen.

Noch keine Auswirkungen auf „rote Gebiete“:

Das niedersächsische Nährstoffmanagement bildet zwar die Grundlage für einen besseren Gewässerschutz. Konkrete Auswirkungen auf die Kulisse der sogenannten „roten Gebiete“, in denen eine besonders hohe Nitrat-Belastung im Grundwasser festgestellt wurde, hat der gestern vorgestellte Bericht jedoch nicht. Niedersachsens Agrarministerin kündigte allerdings an, sich bei der Novellierung der Düngeverordnung dafür einzusetzen, dass das von Niedersachsen eingeführte emissionsbasierte Verfahren künftig angewendet werden kann.

Dieses Emissionsmodell soll dann bei möglichen Sanktionen für landwirtschaftliche Betriebe innerhalb von roten Gebieten das Verursacherprinzip einführen. Es sollen also nur jene Betriebe zu beispielsweise einer zwanzigprozentigen Unterdüngung gezwungen werden, bei denen eine Überdüngung festgestellt wurde. Mit diesem Winkelzug reagiert Otte-Kinast darauf, dass die EU-Kommission kürzlich das Emissionsmodell als Instrument bei der vorgelagerten Ausweisung der „roten Gebiete“ ausgeschlossen hat. Für die Feststellung einer zu hohen Nitratbelastung im Grundwasser darf nämlich laut EU-Kommission ausschließlich das Grundwasser-Messstellennetz herangezogen werden. Diese Sichtweise stößt in Niedersachsen auf heftige Kritik.

Düngemittel wird zum gefragten Rohstoff:

Weil Russland und auch China einen Exportstopp für Stickstoffdünger verhängt haben, steigen die Weltmarktpreise derzeit stark an. Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer, spricht bereits von einer Verdopplung der Preise. Otte-Kinast erklärte, das Abfallprodukt sei zu einem wichtigen Rohstoff geworden. Dadurch wachse die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft, bei der das in Niedersachsen entstandene Gülleaufkommen auch hierzulande als Dünger auf die Felder verbracht werden kann.

Als problematisch erweist sich dabei allerdings die über Jahrzehnte verstärkte Trennung von Nutztierhaltung im Westen und Ackerbau im Osten des Landes. „Wir haben ein Verteilungsproblem“, konstatierte Schwetje. Voraussetzung für eine Verwendung in den Ackerbauregionen ist es nach Erklärung des Experten allerdings, dass die Gülle entsprechend aufbereitet wird. Gülle und Gärreste müssten vom Wasser befreit, dann als Trockenmassen transportiert und schließlich „rieselfähig“ zur Aufbringung auf die Felder abgeliefert werden, damit die Ackerbaubetriebe sie auch annehmen.