Wenn es nach dem Niedersächsischen Landkreistag (NLT) geht, soll das System der Notfalleinsätze des Rettungsdienstes gestärkt werden: Ein seit drei Jahren im Kreis Goslar laufendes Pilotprojekt der Telenotfallmedizin habe sich bewährt. „Man sollte darüber reden, das landesweit anzubieten“, erklärt Joachim Schwind, NLT-Geschäftsführer. Bei Rettungseinsätzen würde dann nicht zwingend ein zweiter Einsatzwagen hinterherfahren, vielmehr soll der Notarzt per Telefon und Videotechnik zugeschaltet werden können. „Die technischen Voraussetzungen sind mittlerweile so gut, dass das sogar meist einen medizinischen Mehrwert hat“, betont Schwind.

Bisher ist es so, dass bei einem Notruf zunächst der Rettungswagen mit einem Notfallsanitäter losfährt und den Hilfsbedürftigen aufsucht. Die gängige „Zwei-Fahrzeuge-Strategie“ sieht ergänzend vor, im Bedarfsfall einen zweiten Wagen loszuschicken, in dem sich der Notarzt befindet. Angesichts der massiven Überlastung des Notfallsystems könne es künftig in geeigneten Fällen eine Lösung sein, dass der Notfallsanitäter mit dem Notarzt per Handy Kontakt aufnimmt und die einzelnen Schritte der notwendigen Behandlung bespricht. „Das gilt natürlich dann nicht, wenn es schwierige Einsätze gibt und beispielsweise nach einem Unfall ein Verletzter aus dem Fahrzeug geborgen werden muss“, fügt Schwind hinzu.

Die Positionen zur Reform der Notfalleinsätze beschäftigen die Hauptversammlung des Landkreistages am 9. und 10. März in der diesjährigen Landkreisversammlung. Dabei geht es auch um Forderungen zur Verstetigung und Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und um die wirtschaftlich bedrohliche Lage der Krankenhäuser. Der Rettungsdienst ist in der Hoheit der Landkreise und kreisfreien Städte, er wird finanziert über die Krankenkassen und kann über 112 alarmiert werden. Es häufen sich Klagen darüber, dass viele Hilfesuchende 112 wählen, obwohl sie keine Notfallversorgung brauchen. Was sie benötigen, ist im Grunde ein Besuch des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Dieser ist aber längst nicht so verlässlich organisiert wie der Rettungsdienst, er kann über 116117 erreicht werden. Das geschieht nicht so häufig, da die Nummer 116117 auch nicht so bekannt ist.
Nun hat die CDU-Landtagsfraktion einen Entschließungsantrag im Landtag vorgelegt, der zur Reform der Notfallversorgung aufruft und auf eine Vereinheitlichung des Dispositionssystems der Rettungsdienstleitstellen abhebt. Das sieht Schwind, wie er im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick sagt, kritisch. Ein zentralistisches Rettungssystem mit einem einheitlichen Dispositionssystem im Land sei kein Fortschritt, betont der NLT-Geschäftsführer. Die derzeitigen dezentralen Einheiten seien richtig und sinnvoll und würden schon jetzt größere Räume abdecken, wie die Beispiele Hannover und Oldenburger Land zeigten. Die einzelnen Rettungsleitstellen sollen nach Schwinds Ansicht aber auf jeden Fall das Recht behalten, ihre spezifischen Software-Systeme aufrecht zu halten, weil die einheitlichen Standards vom Landesausschuss Rettungsdienst gesetzt seien.

Auch nach Ansicht des NLT ist eine engere Verzahnung von Rettungsleitstelle und ärztlichem Bereitschaftsdienst sinnvoll. Überlegungen, den kommunal betriebenen Rettungsleitstellen das Recht zuzugestehen, Hilfesuchende an den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu vermitteln, sind bisher aber nicht umgesetzt worden. Es heißt, die Vereinigungen der Kassenärzte hätten sich dafür nicht genügend geöffnet. Für die Kommunen ist die Feststellung wichtig, dass die Rettungsleitstellen nicht nur Anlaufstellen sind für Menschen, die eine notärztliche Versorgung benötigen. Mindestens ebenso wichtig und bedeutsam sei ihre Rolle als Stütze der kommunalen Gefahrenabwehr. Wenn es um Feuerwehr- und Katastrophenschutzeinsätze geht, sind die Leitstellen sofort gefragt. Größere Brände, Auto- und Zugunglücke und Großschadensereignisse würden über diese Stellen gemanagt. Vor Jahren hatte die damalige Große Koalition im Bund geplant, die Finanzierung der Rettungsleitstellen zu ändern, Vorgaben für den Betrieb dieser Leitstellen zu entwerfen und eine Verzahnung mit dem ärztlichen Bereitschaftsdienst zu organisieren. Das war damals am starken Widerstand der Kommunen gescheitert.