19. Apr. 2023 · Finanzen

Landesrechnungshof: Der Stellenaufbau in der Landesregierung ist problematisch

Die Präsidentin des Landesrechnungshofs (LRH), Sandra von Klaeden, hat scharfe Kritik an der Einstellungspraxis der Landesregierung geübt. „Die Vorbildfunktion der Ministerialverwaltung geht verloren, weil sich das Kabinett seit 2013 nicht mehr an die Zielvorgabe für den Verwaltungsaufbau hält“, rügte von Klaeden am Mittwoch in der Sitzung des Landtags-Haushaltsausschusses. Diese Vorgabe regelt, in welchem Verhältnis die Leitungsstellen, der Mittelbau und die untergeordneten Diensteinheiten stehen sollen. Nun rügt der LRH, dass seit 2013 zehn zusätzliche Abteilungen und 50 zusätzliche Referate in den Ministerien hinzugekommen sind – also die oberen Bereiche kräftig aufgestockt worden seien. „Das halten wir unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit für problematisch“, betonte von Klaeden.

Sandra von Klaeden, Präsidentin des Landesrechnungshofs Niedersachsen |Foto: LRH Nds.

Die LRH-Präsidentin nahm kritisch zu der Absicht Stellung, über den demnächst im Landtag zu beschließenden Nachtragshaushaltsplan im Kultusministerium insgesamt 15 Stellen für die politische Koordinierung und Steuerung vorzuhalten. Das beruht auf der Tatsache, dass Ministerin Julia Hamburg stellvertretende Ministerpräsidentin ist. Sechs Stellen seien bereits aus dem Wirtschaftsministerium verlagert worden, da vorher der damalige Wirtschaftsminister Bernd Althusmann Vize-Regierungschef war. Nun kämen neun weitere Stellen hinzu, von denen sechs mit dem Nachtragsetat neu geschaffen werden. „Die politische Koordinierung ist allerdings nach wie vor Aufgabe der Staatskanzlei und nicht die der anderen Ministerien“, sagte von Klaeden im Haushaltsausschuss. Die jährlichen Mehrkosten der zusätzlichen Stellen im Nachtragsetat, der gegenwärtig in den Landtagsgremien beraten wird, betrügen 2,2 Millionen Euro.



Die LRH-Präsidentin betonte, dass man schon in der vergangenen Wahlperiode den Stellenaufwuchs gerügt habe – damals seien 192 Stellen hinzugekommen. Rot-Grün beginne jetzt nach nicht mal einem Amtsjahr im Nachtragsetat mit 22 zusätzlichen Stellen im Leitungsbereich. Von Klaeden fügte weiter kritisch zum Etatentwurf von Rot-Grün hinzu, die angepeilte Sanierung landeseigener Gebäude sei richtig und begrüßenswert. Die Ansage aber, man solle mit den schlimmsten Häusern starten, dürfe nicht der vorrangige Maßstab sein. In Zeiten von mehr Home-Office solle die Verminderung der Liegenschaften des Landes erstrebenswert bleiben – die Aussage von Finanzminister Gerald Heere, zehn Prozent der Landes-Liegenschaften bis 2030 abzubauen, sei richtig. „Es lohnt dann aber nicht, jetzt die Gebäude zu sanieren, die später gar nicht mehr für das Land gebraucht werden.“

Streit um Task-Force-Personal

Der CDU-Finanzexperte Ulf Thiele äußerte grundsätzliche Zweifel an der Stellenplanung von Rot-Grün. So sei fraglich, ob die vorgesehenen 15 neuen Stellen im Kultusministerium wirklich nötig seien. „Für die Koordinierung gibt es doch ausreichend Mitarbeiter, die teilweise noch im Wirtschaftsministerium sitzen. Warum nutzt man diese Leute nicht?“, fragte er. Unverständlich sei zudem, warum Rot-Grün acht Leitungsstellen für die „Task-Force“ zur Energiewende schaffe, die sich auf das Wirtschafts- und Umweltministerium verteilten, obwohl die Hauptarbeit der Task-Force nach offizieller Ankündigung doch in der Beratung der Kommunen liegen solle und sich auf die Raumordnung beziehe.



Dieser Teil aber liege im Agrarministerium, das gar nicht vom Stellenaufwuchs profitieren solle. SPD-Sprecher Philipp Raulfs entgegnete, er sei überrascht über die Kritik der CDU, die sich jetzt plötzlich an die Spitze der Kritiker zum angeblich unvertretbaren Stellenaufwuchs stelle. Während Thiele sagte, er verstehe beispielsweise nicht, warum Rot-Grün die Landesvertretungen in Berlin und Brüssel stärken wolle, meinte Raulfs: „Wir haben die Landesvertretungen überprüft und festgestellt, dass die Struktur überlastet ist oder die Koordinierung schwieriger geworden ist – und wir ziehen die Schlüsse daraus.“

Kommunen begehren auf

Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund übten in mehreren Punkten Kritik am Nachtragsetatentwurf von Rot-Grün. Bei der Verwaltungsdigitalisierung erwarte man eine Kotenübernahme des Landes für grundsätzliche Vorgänge, angekündigt sei bisher aber nichts. Der Bund müsse sich bewegen bei der Übernahme der Flüchtlingskosten, und die Vorhaltekosten für Flüchtlingsunterkünfte würden nur zur Hälfte durch die vereinbarten Landeszuschüsse von 50 Millionen Euro gedeckt. Die Kommunen seien hier sehr unterschiedlich belastet. Für 2024 hoffe man auf ein großes Krankenhaus-Investitionsprogramm, das den Rückstau von 2,6 Milliarden Euro abbaue. Ob es dann dabei bleiben könne, den Kommunen 40 Prozent der Investitionen abzuverlangen, müsse man noch sehen, sagte Prof. Hubert Meyer vom Landkreistag.

Dieser Artikel erschien am 20.4.2023 in Ausgabe #072.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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