Landesbürgschaft für Meyer-Werft wirft neue Fragen nach dem Standort auf
Die Landesbürgschaft für die Meyer-Werft, die der Haushaltsausschuss des Landtags am Mittwoch beschlossen hat (das Politikjournal Rundblick berichtete am Donnerstag darüber exklusiv), hat die Landespolitik in Niedersachsen kräftig aufgewirbelt. Der Ausschuss hatte dem Schritt auch nur nach längerer Diskussion zugestimmt, von verschiedenen Seiten waren in vertraulicher Sitzung Fragen nach dem Sinn der Unterstützung aufgeworfen worden.
Noch offen ist eine Entscheidung des Bundestags-Haushaltsausschusses über eine Rück-Bürgschaft, die im Fall eines Kreditausfalls greifen würde. Das Land, das für die Darlehen an die Meyer-Werft gerade steht, könnte sich in einer solchen Situation dann die Hälfte des Betrages vom Bund erstatten lassen. Bisher zeichnet sich aber noch nicht ab, wann die Gremien des Bundestages hierfür grünes Licht geben.
Tatsächlich waren die Hilfen für die Meyer-Werft schon wochenlang vorbereitet worden, es soll dazu verschiedene Gutachten der Beratungsfirma Pricewaterhouse-Coopers gegeben haben. Kurz vor dem Abschluss ist dann das Verfahren aber offenbar noch einmal umgeworfen worden. Anstelle des zunächst verfolgten Planes, die Bürgschaft vorrangig über den Bund abzuwickeln, kommt zunächst die Landesbürgschaft ins Spiel – mit der offenbar festen Aussicht auf eine Beteiligung des Bundes über eine Rück-Bürgschaft. Die Umstände deuten nun darauf hin, dass auf Bundesebene die Frage der Bürgschaft sehr viel kritischer gesehen wird. Das könnte seinen Grund auch in den Bürgschaften haben, die der Bund vor Jahren großzügig für die chinesischen Betreiber der „Genting Hong Kong“-Werft in Mecklenburg-Vorpommern gegeben hatte. Dieser Betreiber ging pleite. Die Meyer-Werft hatte ein Schiff von Genting übernommen und für Disney fertig gebaut.
Die Umstände für die jetzt nötige Landesbürgschaft, die zunächst mit 170 Millionen Euro angepeilt wird und später auf das Doppelte ausgeweitet werden kann, lassen sich bisher so zusammenfassen: Die Banken sind bei der Schiffsfinanzierung zurückhaltender geworden, die Nord/LB ist sogar ganz ausgestiegen. Zugleich verlängert sich der Zeitraum zwischen Baubeginn und Auslieferung. Da der Käufer eines Kreuzfahrtriesen 80 Prozent der Summe erst bei Fertigstellung überweist, sind Werften auf die Zwischenfinanzierung angewiesen. Dies läuft offenbar nicht mehr so unkompliziert wie bisher, sodass Bürgschaften nötig werden. Höhere Preise etwa für Stahl und längere Lieferzeiten verschlimmern das Problem. 2029 soll der Kredit von der Meyer-Werft dann vollständig zurückgezahlt werden.
Das Unternehmen teilt auf Rundblick-Anfrage mit: „Wir haben derzeit in Papenburg noch sechs Kreuzfahrtschiffe (USA/Japan) und ein Forschungsschiff bis Ende 2025 in Auftrag.“ In politischen Kreisen kursiert die Sorge, mittelfristig könnten zu wenig neue Aufträge für die Auslastung des Standorts Papenburg hinzukommen – was für das Unternehmen mit 3600 Mitarbeitern und die Region ein riesiges Problem wäre. Außerdem müssen die Kreuzfahrtriesen über die angestaute Ems zur Nordsee gebracht werden, und der Planfeststellungsbeschluss dafür endet 2029, eine Verlängerung wäre aufwendig – und müsste schon frühzeitig starten. Eine sehr umfangreiche Abwägung von Naturschutz und Wasserwirtschaft wäre dafür erforderlich.
Ein anderes Problem ist die Verschlickung der Ems. Der Plan, den Kreislauf der Sedimente über ein kurzzeitiges Anstauen am Emssperrwerk zu stoppen, hat Folgewirkungen in anderen Bereichen – so droht dann der Wasserspiegel in Emden so stark zu sinken, dass schon die Sorge nach einer Zukunftsfähigkeit des Hafens aufkommt. Wirtschaftsminister Olaf Lies erklärte am Dienstag im Hafen-Ausschuss des Landtags perspektivisch, in Emden könne als Folge der Probleme ein neuer „Großschiff-Liegeplatz“ gebaut werden müssen. Dieses Beispiel zeigt, wie stark verflochten alle Pläne rund um die Meyer-Werft mit den Hafenstandorten in Niedersachsen sind.
Dieser Artikel erschien am 21.04.2023 in der Ausgabe #073.
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