Der Mangel an Halbleitern und anderen Rohstoffen belastet auch weiterhin die deutsche Industrieproduktion. Laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Nordmetall nutzen immer noch 31 Prozent der Betriebe im nordwestlichen Niedersachsen das Instrument der Kurzarbeit. Und auch im restlichen Bundesland ist die Lage immer noch alles andere als rosig.

Beim Silikon- und Gummiteilehersteller KKT Frölich in Osterode etwa befinden sich derzeit 84 von 126 Beschäftigten in Kurzarbeit. „Der ausschlaggebende Punkt, warum wir stillstehen, ist: Wir werden unsere Waren nicht los“, sagt KKT-Sprecherin Susanne Blume. Vor allem der Produktionsausfall von Volkswagen schmerzt die mittelständische Unternehmensgruppe, die unter anderem Kupplungselemente aus Kautschuk für die Autoindustrie herstellt, aber auch Siemens oder Airbus zu seinen Kunden zählt. Im September 2020 hatte der Kautschuk-Spezialist aus dem Harz die Kurzarbeit eingeführt, die nun verlängert werden muss. „Zwischendurch konnten wir ein bisschen auf Lager produzieren, aber jetzt denken wir sogar darüber nach, die Betriebsferien im Dezember vielleicht um eine Woche zu verlängern. Das machen wir von der Auftragslage abhängig“, sagt Blume.
Dass KKT Frölich überhaupt noch einmal Kurzarbeitergeld beantragen kann, ist dem Corona-Hilfsprogramm der Bundesregierung zu verdanken. Normalerweise kann die Hilfszahlung nämlich nur für zwölf Monate bezogen werden. Um die Auswirkungen der Pandemie abzudämpfen, hatten SPD und CDU die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld und die Bezugsdauer auf 24 Monate verlängert – längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2021. Wenn es nach dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) geht, soll das aber noch länger möglich sein. Wer die Bezugsdauer nicht ausgeschöpft hat, könnte dann auch im kommenden Jahr noch vom Kurzarbeitergeld profitieren. „Es ist geplant, dass die Verordnung vom Bundeskabinett am 24. November 2021 beschlossen wird. Zur endgültigen Abstimmung laufen noch Gespräche mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie“, sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums auf Anfrage des Politikjournals Rundblick.
Auch das niedersächsische Wirtschaftsministerium hat sich für die Verlängerung in Berlin stark gemacht. „Material- und Lieferengpässe werden die niedersächsischen Unternehmen in den nächsten Monaten weiterhin belasten, genauso wie die derzeit über Deutschland hereinbrechende vierte Welle mit steigenden Infektionszahlen“, sagt Ministeriumssprecher Florian Mosig und ergänzt: „Dies könnte die wirtschaftliche Lage einer Vielzahl von Unternehmen – insbesondere durch Kontaktreduzierungen wie der Einführung einer 2G-Regel im Dienstleistungsbereich – pandemiedingt erneut erheblich verschlechtern und damit wiederum Arbeitsplätze gefährden. Dem kann durch die Verlängerungen bis zum 31. März 2022 entgegengewirkt werden.“ Während aus der niedersächsischen Wirtschaft die Rufe nach einer Verlängerung der Zugangserleichterungen bis Sommer 2022 laut werden, sieht man das beim Ministerium in Hannover kritisch. „Damit würde das problematische Zeichen gesetzt, dass bis dahin nicht mit einer Erholung zu rechnen sei“, sagt Mosig. Das Ministerium von Bernd Althusmann (CDU) hält eine weitere Verlängerung bei Bedarf jedoch für wünschenswert. Mosig: „Es hat sich durchaus bewährt, zumindest hier auf Sicht zu fahren und die Situation immer der aktuellen Infektionslage anzupassen.“
„Die Chipkrise wird uns im Kalenderjahr 2022 definitiv auch beschäftigen.“
Daimler-Vorstandschef Ola Källenius
Schon jetzt steht fest: Die Chipkrise wird der Automobilbranche noch länger zusetzen. „Es wird uns im Kalenderjahr 2022 definitiv auch beschäftigen“, sagte Daimler-Vorstandschef Ola Källenius bei einer „Handelsblatt“-Branchenkonferenz am vergangenen Mittwoch. Sein VW-Kollege Herbert Diess äußerte sich am Montag bei einem Wirtschaftskongress der „Süddeutschen Zeitung“ nur etwas zuversichtlicher. „Ich hoffe, dass wir durch das Schlimmste durch sind“, sagte der Volkswagen-Chef zwar, kündigte jedoch an: „Wir werden im nächsten Jahr sicher nicht alle Autos bauen können, die wir bauen wollen.“ Und auch in dieser Woche sind wieder zwei VW-Werke von Kurzarbeit betroffen: Wegen Versorgungsengpässen wurde die Produktion in den beiden sächsischen Standorten Zwickau und Dresden gedrosselt, wo ansonsten Elektroautos vom Band laufen.