5. Juli 2020 · 
Umwelt

Kritiker bezweifeln, dass der Atommüll noch aus dem Asse-Bergwerk geborgen werden soll

Kommt am Ende statt der Rückholung des Atommülls bloß eine Aufbereitungsanlage für noch mehr radioaktive Abfälle? Der Zusammenschluss von Bürgerinitiativen, die sich gegen eine Flutung des Atommüll-Bergwerks Asse II (Landkreis Wolfenbüttel) aussprechen, meldet erhebliche Zweifel am Rückholplan der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) an. Lange wurde dieser Plan erwartet, vor einigen Wochen wurde er, überlagert von der Corona-Pandemie, dann endlich vorgestellt. [caption id="attachment_51976" align="alignnone" width="780"] Andreas Riekeberg von der Gruppe "Asse watch" glaubt nicht, dass die stattlichen Institutionen den Atommüll noch bergen wollen. - Foto: nkw[/caption] Die Kritiker aus dem Asse II-Koordinationskreis bemängeln nun, dass der vorgelegt Plan erhebliche Mängel habe und nicht der lang ersehnte „Masterplan“ sei. Andreas Riekeberg von der Gruppe „Asse watch“ sagte am Freitag in Hannover: „Die Enttäuschung ist groß. Der Plan entspricht nicht dem, was wir erwartet haben.“ Vielmehr habe die BGE nur mehrere ältere Konzepte aneinandergereiht. Sie beantworte zudem nicht, ob die Rückholung nach Strahlenschutzrecht zu rechtfertigen sei und ob die baulichen Maßnahmen mit dem Bergrecht übereinstimmten.

Keine Rückholung, stattdessen ein Zwischenlager?

Wirklich neu sei an dem BGE-Rückholplan nur die Bestimmung von Standorten für Konditionierungsanlagen und ein Zwischenlager für Atommüll. Doch genau dieser Schritt bereitet den Atommüll-Gegnern nun Sorgen. Denn während bei der Planung für die Rückholung des Atommülls aus der Asse seit geraumer Zeit Stillstand herrscht, geht es bei der Planung für die neue Konditionierungsanlage sehr viel zügiger voran. Heike Wiegel vom Asse 2-Koordinationskreis befürchtet nun, dass demnächst die Rückholung gänzlich abgesagt wird, und stattdessen in unmittelbarer Nähe zur Asse ein neues Zwischenlager samt Aufbereitungsanlage entsteht, das dann aber gar nicht mehr für den Asse-Müll gebraucht wird. Wiegel meint, es werde daran gearbeitet, die Schachtanlage zu fluten, aber nichts dafür, dass der Atommüll nach einer möglichen Bergung abtransportiert werden kann.
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Riekeberg geht sogar so weit, zu sagen, die gesamte Rückholung sei nur ein Vorwand, um in zentraler Lage eine solche Anlage zu errichten, die zum Beispiel mit nur rund 25 Kilometern Entfernung zum potentiellen Atommüll-Endlager im Schacht Konrad eine strategisch günstige Position hätte. Pläne für eine Autobahnverbindung, die um Wolfenbüttel herum am Asse-Bergwerk vorbeiführen soll, nähren Riekeberg in seiner Theorie, dass die staatlichen Institutionen längst einen anderen Plan verfolgen, als die ursprünglich 2010 beschlossene Rückholung des Atommülls. Die Asse-Gegner sind vom BGE-Plan auch enttäuscht, weil bei der Suche nach einem geeigneten Standort für die Aufbereitungsanlage kein „fairer Vergleich“ mit solchen Regionen vorgenommen worden sei, die deutlich weiter von der Asse entfernt liegen. Nun fürchten sie in doppelter Hinsicht, den Kürzeren zu ziehen: Erst stoppt man die Rückholung und dann kommt womöglich auch noch der Atommüll aus der gesamten Republik zum neuen Zwischenlager.
Wir sehen: Es wird nichts dafür, aber viel dagegen getan
Wiegel sieht die nächsten Schritte schon recht deutlich auf die Betroffenen zukommen. Zunächst führt sie aus, dass das Asse-Gesetz einen Abbruch der Rückholung vorsieht, wenn die Risikobewertung davon ausgeht, dass von der Rückholung eine Gefahr für die Bevölkerung ausgeht. Eine sogenannte Konsequenzen-Analyse, die im neuen Rückholplan der BGE angekündigt wird, könnte diese Bewertung dann bald feststellen. Hinzu käme ein neu berechneter Langzeitsicherheitsnachweis. Wiegel meint, dass aufgrund von neuen Berechnungsparametern dabei herauskommen könne, dass von dem im Asse-Bergwerk verkippten Atommüll keine allzu große Gefahr mehr ausgehe. Da man nach dem neuen Strahlenschutzgesetz nun ein „realistisches“ statt eines „konservativen“ Berechnungsmodells verwendet, fürchtet Wiegel, dass nun „komplett andere Werte herauskommen“ und dass das schließlich für den Abbruch sorgt. Ihren Ausführungen zufolge wird staatlicherseits aktuell daran gearbeitet, sowohl der Möglichkeit als auch der Notwendigkeit einer Rückholung des Atommülls die Grundlage zu entziehen. „Wir sehen: Es wird nichts dafür, aber viel dagegen getan“, sagte Wiegel.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #126.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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