15. Dez. 2020 · Soziales

Corona und Weihnachten: Krisenstab schlägt Alarm

Die Landesregierung geht voller Ungewissheit in die mit dem aktuellen Lockdown vorgezogene Weihnachtspause. Wie sich das Corona-Virus in den kommenden drei Wochen entwickeln wird, bleibt im großen Maße spekulativ, erläuterte der Leiter des Krisenstabes, Sozial-Staatssekretär Heiger Scholz (SPD), am gestrigen Dienstag im Landtags-Sozialausschuss. „Sehr viele Arztpraxen schließen jetzt, viele Labore ebenso. Das Landesgesundheitsamt und das Landesamt für Verbraucherschutz halten zwar Kapazitäten offen, aber die Corona-Tests werden weniger, ihre Auswertung wird nicht mehr schnell geschehen können. https://www.youtube.com/watch?v=7ivLllCAFsI&t=2s Erst in der zweiten Januarwoche werden wir wieder ernsthaft belastbare Zahlen über die Infektionen haben.“ Die einzigen Hinweise kämen aus den Krankenhäusern – aber der Zuwachs der Patienten dort basiert auf schon mehrere Wochen zurückliegenden Infektionen. Scholz sprach in diesem Zusammenhang von einem „ernsten Problem“. Die Antwort auf die alle bewegende Frage also, ob der Lockdown gewirkt hat und die Infektionen spürbar zurückgehen, ist dann wohl frühestens erst ab Mitte Januar möglich – wenn die Schule in Niedersachsen schon wieder begonnen haben wird.
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Auch Staatskanzleichef Jörg Mielke (SPD) ging im Sozialausschuss auf diese besondere Konstellation ein. Die Landesregierung ist nach seinen Worten gegenwärtig dabei, ein „Zwei-Wege-Modell“ zu entwickeln. Was genau geplant ist, führte Mielke nicht aus, deutete aber immerhin einiges an: Anhand der Sieben-Tage-Inzidenz solle festgelegt werden, in welchem Landkreis welche Einschränkungen gelten können – bei hohen Werten vermutlich eine Fortsetzung von Geschäftsschließungen, strengen Auflagen für Veranstaltungen und die Pflicht zum Home-Schooling, bei niedrigen eine Lockerung der Beschränkungen. Vermutlich noch in diesem Jahr will die Regierung dieses Konzept vorstellen. Aktuell sind zunächst einmal die neuen Regeln für die Weihnachtsfeiertage und für Silvester verfügt worden. Die neue Verordnung enthält nun mehrere Besonderheiten:

Kontakte zu Weihnachten

Jeder hat zwei Möglichkeiten: Er kann sich mit anderen treffen, sodass die Zahl von fünf Erwachsenen nicht überschritten werden darf – die Personen dürfen aus dem eigenen und einem weiteren Haushalt stammen. Diese Regel gilt vorerst generell bis 10. Januar. Zu Weihnachten (24. bis 26. Dezember) aber gibt es noch eine Alternative: Man darf neben den Mitgliedern des eigenen Haushaltes noch maximal vier weitere enge Familienmitglieder treffen, also Ehegatten, Lebensgefährten, Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Urenkel und Geschwisterkinder. Die Fünf-Personen-Obergrenze gilt dann in Niedersachsen nicht. https://www.youtube.com/watch?v=DcupI-Pl-zo

Keine Silvesterfeier, kein Feuerwerk

„Ansammlungen“ zu Silvester und größere Silvestertreffen sind verboten. Mielke meint, auch Spontandemonstrationen am Silvester- und Neujahrstag sollten untersagt werden. Das Demonstrationsrecht ist vom Grundgesetz geschützt und ein hohes Gut, aber solche Zusammenkünfte sollen zum Jahreswechsel nicht sein. Verboten wird zudem nicht nur der Verkauf von Feuerwerkskörpern, auch das Zünden dieser Materialien. Wunderkerzen sind erlaubt, Knallkörper oder Raketen jedoch nicht.

Geschäfte schließen

Der Einzelhandel muss bis 10. Januar schließen, kann aber Waren beschaffen und den Kunden zur Abholung bereithalten – auch in Baumärkten, die nur für gewerblichen Kundenverkehr weiterhin betreten werden dürfen. Fahrschulen dürfen weiter geöffnet haben, Wochenmärkte auch. Discounter dürfen neben Lebensmitteln noch andere Waren anbieten, aber dieses „Randsortiment“ nicht extra erweitern. https://www.youtube.com/watch?v=2-4ZwWSfHxg

Entschädigung für Eltern?

Wenn Eltern zuhause bleiben, weil ihre Kinder nicht in die Schule gehen sollen, haben sie keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz – denn in dieser Woche ist es den Eltern ja freigestellt, ob sie ihre Kinder in den Unterricht schicken oder nicht. Im Bundesarbeitsministerium wird allerdings daran gefeilt, ob Eltern zusätzlicher bezahlter Urlaubsanspruch gewährt werden kann.

Tests in Altenheimen

Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen müssen zweimal wöchentlich einen Antigen-Test über sich ergehen lassen. Wer sich weigert, darf seine Arbeit nicht ausüben und gefährdet seinen Lohn. Scholz betonte, auch Pflegekräfte, die Corona-infiziert sind, müssten ihre Arbeit etwa zur Betreuung von Covid19-Patienten leisten, solange sie nicht krank sind. Für jedes Heim stellt das Land 30 Tests je Monat zur Verfügung, die Kosten trägt die Krankenkasse. Bisher würden 60 Prozent der Heime ihre Mitarbeiter regelmäßig testen.

Keine Begleitung von Sterbenden?

Im Sozialausschuss berichteten Thela Wernstedt (SPD) und Meta Janssen-Kucz (Grüne), sie wüssten von mehreren Fällen, in denen Krankenhäusern es Angehörigen verweigert hätten, sich von Sterbenden zu verabschieden. Scholz konnte die Information nicht bestätigen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #227.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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