17. Dez. 2025 · 
TagesKolumne

Kriege werden aufgegessen

Rheinmetall erntet Kritik für seinen Panzer-Adventskalender. Doch Niedersachsen hätte noch ganz andere Provokationen zu bieten.

Ist das schon der Höhenkoller eines abgehobenen Unternehmens oder einfach ein witziges Präsent in der Vorweihnachtszeit? Mit einem Panzer-Adventskalender für Geschäftspartner und Politiker hat die Rheinmetall Landsysteme GmbH aus Unterlüß (Landkreis Celle) viele Menschen verärgert. Auch mich, weil ich keinen bekommen habe – aber das tut hier eigentlich nichts zur Sache.

Hat im Mannschaftsraum Platz für acht Soldaten oder 24 Schokoladenstücke: Der Schützenpanzer "Lynx". | Foto: Rheinmetall

"Ich halte das einfach für geschmacklos, es ist eine Frage des Stils", kritisierte etwa Pfarrer und Bundeswehr-Reservist Franz Meurer in einem WDR-Bericht. Wobei sein Hauptargument eher ein Rohrkrepierer ist: "In dem Bereich, wo es hauptsächlich um Kinder geht – bei Adventskalendern – da müssen Krieg und Panzer nicht sein."

Nun wird Rheinmetall vermutlich keine Panzer-Adventskalender an Kinder verschickt haben, weil diese naturgemäß selten bis gar nicht als Geschäftspartner eines Multi-Milliarden-Rüstungskonzerns auftreten. Grundsätzlich zielte der Wehrpass-Inhaber von 1970 aber in die richtige Richtung: Irgendwo schlägt die gesellschaftliche Akzeptanz von Rüstungsgütern auch mal in Verharmlosung um. Wenn der Schützenpanzer "Lynx" zum Schokospender wird, ist das auf jeden Fall schon hart an der Kante.

Trotzdem bewundere ich in diesen Zeiten den Mut des Rüstungsriesen, auch mal eine ordentliche Kontroverse zu riskieren. In puncto Shitstorm-Provokation geht aber noch mehr: So könnte etwa die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) zur nächsten Adventszeit doch einfach mal Atommüllgegner mit einem Schacht-Asse-Adventskalender überraschen: ein liebevoll aus Pappe gebauter Radlader, der 24 gelbe Fässer mit Schokolade drin ablädt. Die Pralinen sind zwar strahlungsfrei, symbolisch aber so aufgeladen, dass man sie nur mit spitzen Fingern anfasst.

Gewagte Adventskalender-Ideen: Ein Radlader (links) holt mit Schokolade gefüllte Atommüllfässer aus Schacht Asse zurück. Und auch der Bohrturm für Borkum birgt süße Überraschungen. | Foto: Link/mit KI generiert

Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) könnte mit einem Ausreisezentrum-Kalender an den Flüchtlingsrat für kräftig Ärger sorgen: Hinter jedem der 24 Türchen der Papp-Container-Einrichtung befindet sich eine Schokoladenfigur, die ausgerechnet kurz vor Weihnachten von der Bildfläche verschwindet. Continental wiederum könnte seine Aktionäre mit einem Konzern-Adventskalender provozieren, der von selbst in drei Teile zerbricht. Und der niederländische Energiekonzern One-Dyas könnte versuchen, mit dem Adventskalender vom Typ "Bohrturm vor Borkum" in schicker 3D-Pappoptik für seine Gasförderung zu werben.

Nach so viel Kontroverse sind Sie nun hoffentlich bereit für die aktuelle Rundblick-Ausgabe. Zur Halbzeit des letzten Landtag-Plenums des Jahres haben wir folgende Themen:

  • Plenardebatte: Hartnäckig bringt die CDU die Not der Beleghebammen im Landtag zur Sprache. Alle Fraktionen sind sich einig, dass Niedersachsen jetzt handeln muss.


  • Wahlkreisreform: 15 der 30 niedersächsischen Bundestagswahlkreise entsprechen nicht mehr der Norm und müssen neu zugeschnitten werden. Ein erster Vorschlag dafür liegt jetzt den Parteien vor.


  • Familien im Wandel: Die Väter der Vergangenheit hielten sich für Familienmenschen, waren aber selten zu Hause. Junge Väter machen es anders – und stoßen auf die gleichen Schwierigkeiten wie Mütter.


  • Lechner im Angriffsmodus: Am Donnerstag wird der Landesetat für 2026 beschlossen. Gestern gab es den Auftakt zur Schlussdebatte dazu – mit scharfer Kritik der Opposition.

Ein friedliches Weihnachten wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #225.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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