17. Apr. 2019 · Finanzen

Kommt die Spezial-Steuer für unbebaute Grundstücke?

Sollen die Städte und Gemeinden in Deutschland künftig das Recht bekommen, unbebaute Grundstücke besonders stark zu besteuern und damit Druck auf die Grundeigentümer auszuüben? Im Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist ein solcher Passus vorgesehen. Die Reaktionen in Niedersachsen sind allerdings eher geteilt. [caption id="attachment_39854" align="alignnone" width="780"] Kommt die Spezialsteuer für alle, die auf Baugrundstücken nicht mit dem Bagger anrücken? - Foto: Stockwerk-Fotodesign[/caption] „Der Plan ist zu begrüßen, denn der Mangel an Bauland ist derzeit das Hauptproblem“, sagt Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Städtetages, auf Rundblick-Anfrage. Er schränkt allerdings ein: „Wegen der hohen rechtlichen Anforderungen glaube ich aber nicht, dass viele unserer Mitglieder von der Möglichkeit Gebrauch machen werden.“

Scharfer Protest von Haus & Grund

Scharfer Protest kommt vom Verband Haus & Grund. Fraglich bleibt bislang aber, ob dieser Gesetzentwurf  des Bundesministers überhaupt die Beschlussreife erreichen wird, denn nicht nur mehrere Länder – an der Spitze Bayern – sind mit den Scholz-Vorschlägen unzufrieden. Auch vom Koalitionspartner der SPD im Bundestag, der CDU/CSU-Fraktion, wurden Einwände vorgetragen. Aus den Reihen der Union wird die Bundeskompetenz in dieser Frage angezweifelt. Deshalb werden aus christdemokratischen Kreisen die Rufe nach einer Landes-Regelung immer lauter. So unübersichtlich diese Grundsteuer-Debatte momentan ist, so groß ist andererseits der Zeitdruck: Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisher geltenden Regeln verworfen und festgelegt, dass bis Ende dieses Jahres eine neue Konzeption der Steuer vorliegen müsse. Werde diese Frist verfehlt, so dürfe von 2020 an keine Grundsteuer mehr erhoben werden. Dies würde allerdings Einnahmeausfälle für die Kommunen in Niedersachsen von rund 1,4 Milliarden Euro jährlich nach sich ziehen. Das spezielle Thema der Besteuerung unbebauter Grundstücke war schon Thema, als CDU/CSU und SPD vor einem guten Jahr ihren Koalitionsvertrag geschlossen hatten. In dem Vertragswerk heißt es in einem Passus etwas umständlich im Verwaltungsdeutsch: „Wir werden nach einer verfassungsrechtlichen Prüfung den Kommunen durch Schaffung der rechtlichen Grundlagen die Möglichkeit einräumen, die Baulandmobilisierung durch steuerliche Maßnahmen zu verbessern.“ Hieraus muss nicht zwingend eine Veränderung der Grundsteuer abgeleitet werden, doch Scholz hat genau das in seinem Gesetzentwurf getan.

Die Steuer wurde schon einmal abgeschafft

Bislang ist rechtlich die Grundsteuer in zwei Arten unterschieden – A für die landwirtschaftlichen Flächen, also Felder, Wiesen und Weiden, B für alle übrigen Gebiete, also vor allem Wohn- und Gewerbeflächen. Im Entwurf des Bundesfinanzministers ist nun noch eine Grundsteuer C vorgesehen, die unbebaute, aber baureife Grundstücke betrifft. Die Kommunen haben bisher das Recht, mit speziellen Hebesätzen in ihrem Gemeinde- oder Stadtgebiet die Höhe der Grundsteuer festzulegen, das gilt bislang nach A und B differenziert. Künftig käme dann, wenn Scholz sich durchsetzen sollte, noch ein Hebesatzrecht für C hinzu. Eine Frage für Juristen ist, ob Scholz sich wie bisher geplant auf Artikel 72 des Grundgesetzes berufen kann, also auf den Auftrag, „gleichwertige Lebensverhältnisse“ in Deutschland herzustellen. Kritiker, auch aus der Union, bezweifeln das – denn die Grundsteuer mit ihren unterschiedlichen Hebesätzen sei ja gerade kein Ausdruck von Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland.
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Gegen die Grundsteuer C gibt es noch praktische Einwände. 1960 hatte der Bundestag diese Steuer schon einmal eingeführt, vier Jahre später aber wieder abgeschafft – weil entgegen der Hoffnung nicht mehr Grundstücke angeboten wurden. Hintergrund der Steuer war damals wie heute der Plan, gegen jene Spekulanten vorzugehen, die ein baureifes Grundstück nur deshalb nicht bebauen wollen, weil sie auf eine weitere Preissteigerung hoffen und es später veräußern möchten. Im aktuellen Konzept von Scholz sind nun allerdings sehr hohe Hürden vorgesehen. So sollen die Gemeinden die genaue Bezeichnung der Grundstücke und ihre Lage zu Beginn des Jahres ermitteln, in einer Karte nachweisen und mit einer Allgemeinverfügung öffentlich bekannt machen. Gleichzeitig müsse der „besondere Wohnraumbedarf“ förmlich festgestellt und begründet werden. https://soundcloud.com/user-59368422/olaf-lies-ich-habe-selten-so-eine-emotionale-konfrontation-erlebt-wie-beim-wolf Scharfe Kritik an den Plänen einer „Grundsteuer C“ kommt vom Landesverband Haus & Grund Niedersachsen. Der Vorsitzende Hans Reinhold Horst erklärt, Grundeigentümern würden „durch eine pauschale Unterstellung“ zu „Spekulanten stigmatisiert“. Es werde ökonomischer Druck aufgebaut, seine Grundstücke abzugeben. Die Grundsteuer sei jetzt schon sehr hoch, mit der Variante C werde den Gemeinden die Möglichkeit gegeben, noch mehr Einnahmen zu erhalten – ohne dass dadurch nur einen einzige Wohnung mehr gebaut werde.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #074.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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