Alle Jahre wieder beschäftigt das Glücksspielrecht den Landtag – dann nämlich, wenn das entsprechende Landesgesetz erneuert werden soll. Das ist jetzt wieder so, jede Menge Detailänderungen sollen mit der nächsten Novelle an die aktuelle Rechtslage des Bundes und den erneut veränderten Glücksspiel-Staatsvertrag der Länder angepasst werden. Die Beschlussfassung fällt dann in der allerletzten Sitzung des Landtags in dieser Wahlperiode, nämlich Ende September. Wie jetzt aus einer Debatte im Landtags-Innenausschuss klar wurde, plant die Koalition als eine ihrer letzten gemeinsamen Taten noch eine entscheidende Veränderung: Die Abstandsregeln zu Kindergärten und Spielplätzen, die bisher als Voraussetzung für die Genehmigung von Sportwetten-Büros gelten, sollen fallen – damit, so die logische Folge, mehr solcher Wettbüros genehmigt werden können. Uwe Schünemann (CDU) sagte: „Wenn es so ist, dass nach dem gegenwärtigen Recht praktisch gar keine Wettbüros mehr genehmigt werden können, dann handelt es sich hier um den Tatbestand einer Verhinderungsplanung – und das geht nicht.“ Ulrich Watermann (SPD) bat um einen Hinweis, auch die Entwicklung in anderen Bundesländern zu berücksichtigen, denn auch dort hatte es Lockerungen der Vorgaben gegeben. Angeblich ist die niedersächsische Abstandsregelung derzeit bundesweit die schärfste.
Die bisherigen Vorgaben stammen aus dem Jahr 2019. Das Innenministerium, das den Gesetzentwurf zur Änderung des Glücksspielgesetzes geschrieben hatte, wollte eigentlich nichts ändern. Eine Referentin des Ministeriums begründete dies: 2019 war festgelegt worden, dass Anträge von Wettbüros der Sportwettenbetreiber in einem Radius von 200 Metern rund um Suchtberatungsstellen nicht zugelassen werden dürfen, auch nicht an Einrichtungen und Orten, „die ihrer Art nach vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden“. Damit sind Schulen gemeint, aber auch Kindergärten und Kinderspielplätze. Die Referentin des Innenministeriums erklärte, 2019 habe schon die Auffassung geherrscht, dass Kinder von der glitzernden Werbung von Wettbüros angezogen werden könnten, dass also eine gewisse Gefahr der Reizwirkung entstehen könnte. Seither aber ist das Glücksspielrecht mehrfach geändert worden, es gab – auch wegen der europäischen Rechtsprechung – eine gewisse Liberalisierung. Mehrere Politiker berichteten zudem im Innenausschuss über die Anträge von Sportbewettenbetreibern, die wegen der Vorschrift des Glücksspielgesetzes in manchen Kommunen gar keine Genehmigung für neue Wettbüros mehr bekämen – auch deshalb, weil das Angebot an Kindereinrichtungen zugenommen hat.
Im Innenausschuss wurde das Thema allerdings schon kontrovers diskutiert. Während Politiker der Koalition ihren Willen erkennen ließen, die Vorschrift von 2019 zu lockern, argumentierten die Vertreter des Innenministeriums mit der Abwägung. Bei der Frage nach der Zulassung gehe es um Kinderspielplätze und Kindergärten, die in den jeweiligen Plänen eingezeichnet sind – nicht aber um privat betriebene oder in Selbsthilfegruppen aufgebaute Kinder-Tagesbetreuungen beispielsweise. Ein Vertreter der Landtagsjuristen wies auch darauf hin, dass bei der Beurteilung des Themas durchaus zwischen Spielhallen (die mit eigenen Gesetzen geregelt sind) und Wettbüros unterschieden werden müsse. Die Spielhallen mit ihrem Automaten-Angebot würden als stärker suchtgefährdend für Jugendliche eingestuft, während die Wettbüros einen anderen Charakter hätten. Tatsächlich häufen sich nach Angaben des Innenministeriums vor den Verwaltungsgerichten Klagen von Wettbüros, die mit ihren Anträgen bei den jeweiligen Kommunen auf Ablehnung gestoßen sind. So überlegen SPD und CDU nun, ob sie zum Gesetzentwurf des Innenministeriums einen Änderungsantrag vorlegen wollen – dergestalt, dass „Kindergärten und Spielplätze“ beim 200-Meter-Abstand nicht mitzählen (Schulen aber weiterhin doch). Auf der anderen Seite soll das Mindestalter für den Zutritt zu Sportwettenbüros von derzeit 18 auf 21 Jahre angehoben werden – so wie bei den Spielhallen.