Justiz-Staatssekretärin: „Wir müssen den Hass im Netz stoppen“
Margaretha Sudhoff, Staatssekretärin im Bundesjustizministerium, hat Hasskriminalität als eine der größten Bedrohungen des Rechtsstaats bezeichnet. Das sei vielen noch gar nicht klar, weil es viele noch nicht getroffen habe, sagte sie bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young in Hannover. „Wir müssen den immer weiter aufwachsenden Hass stoppen und die Echokammern stilllegen. Extremisten nutzen digitale Plattformen und heizen Stimmungen gezielt an. Empfängliche Personen fühlen sich ermutigt, den Worten Taten folgen zu lassen“, warnte Sudhoff.
Sie zitierte die Schriftstellerin Herta Müller, die gesagte hatte: „Erst gehen die Worte spazieren, dann die Messer.“ Für Sudhoff ist auch klar, dass Kommunalpolitiker besser geschützt werden müssen. Zudem müssten gemeldete Personen leichter ihre Daten aus dem Melderegister löschen können, um sich zu schützen. „Das Rechtssystem muss resilienter und schneller werden, dasselbe gilt auch für die Behörden“, so die Staatssekretärin.
Die schweigende Mehrheit muss zu einer lauten Mehrheit werden.
Man habe eine sehr verzögerte Reaktion des Rechtsstaats auf die Entwicklungen gesehen, stellte Julia Ebner, Extremismus- und Terrorismusforscherin beim Institut for Strategic Dialogue in London, fest. Sie sieht zwei größere und zeitgleich stattfindende Phänomene, die aus ihrer Sicht zu einer Gefährdung der Demokratie führen. Es gebe mehr Gewalt gegen Minderheiten und zugleich eine Normalisierung der Ideologien und Verschwörungstheorien, die gerade Rechtsextremisten verbreiten wollten.
Ebner recherchierte undercover
Die Phänomene seien auch oft technologiegetrieben. Nicht nur die Werbewirtschaft, auch Extremisten und Terroristen könnten ihre Zielgruppen inzwischen sehr zielgenau ansprechen. Und Europol habe beobachtet, dass sich die Radikalisierung durch das Internet massiv beschleunigt habe.
Das sei zum Beispiel bei Dschihadisten beobachtet worden. Ebner berichtete, wie sie verdeckt recherchiert habe und von einer sogenannten „Troll-Armee“ rekrutiert worden sei. Der Gründer habe innerhalb kürzester Zeit 7000 Mitglieder zusammengebracht. Ziel der Gruppe sei es, den politischen Diskurs nach rechts zu verschieben und zum Beispiel auch Journalisten zu attackieren und einzuschüchtern.
Ebner meinte, es gehe darum, nicht die Zivilcourage zu verlieren. „Die Randgruppen dürfen nicht alle übertönen und den Diskurs erobern.“ Die schweigende Mehrheit müsse zu einer lauten Mehrheit werden, forderte Christian Janze, Niederlassungsleiter von Ernst & Young in Hannover. „Wenn Träger öffentlicher Ämter oder Menschen in Ausübung ihrer Religion um ihr Leben fürchten müsse, dann ist es an der Zeit, dass die Zivilgesellschaft aufsteht“, so Janze