19. Dez. 2018 · 
Justiz

Justiz prüft, ob Landgericht Weihnachtsfeier spendieren durfte

Ein ungewöhnliches Verfahren zieht sich in die Länge. Seit April schon wird gegen Mitarbeiter des Landgerichts Hannover ermittelt, es geht um den Verdacht der Untreue. Sie sollen Ausgaben veranlasst haben, die im öffentlichen Dienst nicht zulässig sind. Gegen wen genau sich die Untersuchungen richten, wollte gestern der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Stade, Oberstaatsanwalt Kai-Thomas Breas, nicht sagen. Auf Anfrage des Politikjournals Rundblick teilte er aber mit: „Ich denke, dass wir den Fall in vier bis sechs Wochen abschließen können. Wir befinden uns sozusagen in den letzten Zügen.“ Ob mit Anklagen oder der Einstellung des Verfahrens zu rechnen ist, könne er jedoch nicht andeuten. Die Dauer des Verfahrens zeige immerhin an, „dass es sich um keine Bagatellsache handelt“. Die Angelegenheit ist deshalb sonderbar, weil sie eine Grundsatzfrage berührt: Inwieweit sind Behördenleitungen berechtigt, zum Wohl der eigenen Mitarbeiter Ausgaben zu tätigen, wie es auch in vielen Unternehmen durchaus gang und gäbe ist? Oberstaatsanwalt Breas betont, dass hier eben wichtige Unterschiede beachtet werden müssten. Im öffentlichen Dienst würden ganz strenge Regeln gelten, die unbedingt befolgt werden müssten: „Wenn Weihnachtsfeiern oder Betriebsausflüge anstehen, muss regelmäßig vorher eine Umlage unter den Teilnehmern verlangt werden.“ Dies sei in der Privatwirtschaft oft anders, obwohl dort auch Regeln der Besteuerung eingehalten werden müssten und Zuschüsse eine bestimmte Höhe nicht überschreiten dürften. Im Fall des Landgerichts Hannover war es so gewesen, dass das Finanzministerium die Verwendung von Haushaltsmitteln überprüfte und beim Landgericht Hannover auf Ungereimtheiten gestoßen war. So sollen zwischen Mai 2013 und Dezember 2017 aus dem Etat des Landgerichts Geldbeträge für eine internes Fußballturnier, eine Weihnachtsfeier und einen Betriebsausflug bereitgestellt worden sein. Der Schaden belaufe sich „zwischen 6000 und 10.000 Euro“, teilte die Staatsanwaltschaft Stade im Juni mit. Die dortige Behörde wurde deshalb mit den Recherchen beauftragt, weil sich die eigentlich zuständige Staatsanwaltschaft Hannover ein Gebäude mit dem Landgericht teilt und daher als befangen hätte gelten können. Vor allem ein Detail hatte im vergangenen Sommer für Gesprächsstoff gesorgt: Es ging auch um die Frage, ob die Behördenleitung den Mitarbeitern an heißen Tagen einige Flaschen Mineralwasser spendieren durfte. Auch der Ankauf einer „hochpreisigen“ Kaffeemaschine spielte eine Rolle. Mitte April hatte das Amtsgericht Stade der eigenen Staatsanwaltschaft die Freigabe für eine Hausdurchsuchung gewährt, im Juni dann wurde diese vollzogen, die Büroräume des Landgerichts wurden überprüft, viele Unterlagen, Belege und Akten sichergestellt. Warum die Auswertung inzwischen bereits ein halbes Jahr dauert, erklärt Breas gegenüber dem Rundblick nicht, weist aber darauf hin, dass es eben um größere Mengen an Dokumenten der Buchhaltung gehe, die „fotografisch gesichert“ worden seien. Merkwürdig war im vergangenen Sommer, dass die Durchsuchung just zu dem Zeitpunkt stattfand, als der Chef der Behörde, Landgerichtspräsident Ralph Guise-Rübe, eine Personalentscheidung der Landesregierung gerichtlich angefochten hatte. Er hatte Konkurrentenklage gegen die frühere Staatssekretärin Stefanie Otte erhoben, die noch von der alten rot-grünen Landesregierung zur neuen Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle berufen worden war. Den Verdacht, es könne sich um eine innerbehördliche Strafaktion gegen einen widerspenstigen Landgerichtspräsidenten handeln, weist der Sprecher der Staatsanwaltschaft zurück: „Das ist nicht der Fall.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #228.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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