Wolfgang Jüttner, ehemaliger Bezirks- und Landesvorsitzender der SPD in Hannover und Niedersachsen, hat das Leben und Wirken des früheren Kultusministers und SPD-Bezirkschefs Peter von Oertzen (1924 bis 2008) gewürdigt. Von Oertzen hatte 1970 den damaligen langjährigen SPD-Bezirkschef Egon Franke abgelöst und damit einen Prozess der Erneuerung in der Partei eingeleitet. Jüttner erinnert sich, dass es erst mit von Oertzen möglich gewesen sei, nach außen einen freien und offenen Diskurs in der Partei zu führen. Bis dahin habe der Grundsatz gegolten, dass man in Parteisitzungen alles äußern dürfe, nach außen aber nur die Position des jeweiligen Bezirksvorstandes vertreten werde. Die „große Liberalität“ von Oertzens habe dieser anfangs auch gegen einen widerstrebenden hauptamtlichen Parteiapparat durchsetzen müssen. So sehr er auf der Seite der Linken in der SPD gestanden und für eine Überwindung der kapitalistischen Ordnung geworben habe, so ablehnend sei von Oertzen gegenüber kommunistischen Haltungen eingestellt gewesen. Hausbesetzungen etwa habe er als Verletzung des staatlichen Gewaltmonopols verurteilt. Zu jener Zeit, sagte der SPD-Politiker Arno Brandt, sei der SPD-Bezirk Hannover „zur programmatischen Speerspitze der Partei bundesweit“ geworden. Der ehemalige Europaabgeordnete Klaus Wettig, einst Referent von Oertzens als Kultusminister, zitierte einen in den sechziger Jahren in Bonn kursierenden Spruch, wonach der SPD-Bezirk Hannover „die Erzdiözese“ der SPD gewesen sei – nirgendwo sonst sei die Tradition der SPD so stark verankert gewesen, daher habe Kurt Schumacher auch in dieser Umgebung nach 1945 die Neugründung der Sozialdemokratie ungestört organisieren können. Der frühere Landtagspräsident Rolf Wernstedt erinnerte daran, dass von Oertzen als Kultusminister die Universitäten Osnabrück und Oldenburg gegründet und damit in der Bildungspolitik neue Zeichen gesetzt habe. Wettig erwähnte, dass das Verhältnis zwischen von Oertzen und dem von ihm anfangs geförderten Gerhard Schröder mit der Zeit stark abgekühlt sei. „Der arrogante Stil von Schröder hat ihn erheblich abgestoßen“, sagte Wettig. Jüttner ergänzte, für Schröder sei von Oertzen „irgendwann nicht mehr wichtig gewesen“, dass habe er ihn auch spüren lassen.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #081.