26. Sept. 2017 · 
Kommentar

Ist das schon der Aufbruch?

Darum geht es: Der CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann hat drei neue Schatten-Minister präsentiert, in seinem Team sind mehrere respektable Persönlichkeiten. Aber reicht das schon, um im Wahlkampf endlich durchzustarten? Ein Kommentar von Klaus Wallbaum. Er steht am Mikrophon wie ein Fels in der Brandung, er will zeigen: Nichts kann ihn von seinem Weg abbringen. Dieses Bild des unerschütterlichen Bernd Althusmann ist fast schon zum Symbol für den Landtagswahlkampf der CDU geworden: Er strahlt immerfort diese Ruhe und Gelassenheit aus, statt draufzuhauen und Effekte zu erzielen. Die echte Leidenschaft scheint ihm zu fehlen. Angela Merkel ist von ihrem Gegenpart Martin Schulz attestiert worden, sie befinde sich „in einem Schlafwagen-Wahlkampf“. Althusmanns Auftreten ähnelt stark dem der Kanzlerin, die darin lange Zeit ein bewährtes Erfolgsrezept für die CDU an sich sah. Nun gilt aber inzwischen zweierlei: Erstens war der Merkel-Stil bei der Bundestagswahl vor zwei Tagen alles andere als erfolgreich, die schweren CDU-Verluste belegen das. Zweitens mag Althusmann noch so präsidial auftreten, da es seiner Persönlichkeit entspricht. Tatsache bleibt aber nun mal: Er ist nicht der Amtsinhaber, sondern der Herausforderer. Als solcher muss der CDU-Spitzenkandidat auf Angriff schalten und unablässig erklären, warum er meint, alles anders und vor allem besser machen zu können. Er muss seine Alternativen den Wählern geradezu aufdrängen. Vornehme Zurückhaltung mag im zwischenmenschlichen Umgang ein angenehmer Zug sein, es ist aber kein angemessener Wesenszug für einen Herausforderer im Wahlkampf. Althusmann muss pfiffig, engagiert und präsent sein – wie einer, der geradezu darauf brennt, in die Staatskanzlei einziehen zu dürfen. https://www.rbnds.de/merkels-geheimdienstkoordinatorr-und-bekannte-richterin-verstaerken-althusmanns-team/ Die Weichen werden jetzt gestellt. Heute, drei Tage nach der Bundestagswahl, schalten die Menschen emotional um auf die Landtagswahl – jetzt entscheidet sich, wie die Menschen die Parteien und ihre Spitzenkandidaten wahrnehmen. Jetzt achten die Bürger auch darauf, wie lebhaft ihnen die Politiker gegenübertreten. Das Schwungvolle war bisher stärker bei der SPD als bei der CDU zu beobachten. Der Amtsinhaber Stephan Weil schien der Engagiertere von beiden zu sein. Eines allerdings kann man Althusmann nicht vorwerfen, dass er nämlich bei der Auswahl seines Kompetenzteams nicht mutig gewesen wäre. In den vergangenen Wochen hat er mehrere Personen vorgestellt, über die man jeweils einige Vorzüge und auch Nachteile nennen kann. Insofern unterscheiden sich die Bewerber nur wenig von der aktuellen rot-grünen Ministerriege, über die man auch zu höchst unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann. Der Fraktionschef wird zum designierten Finanzminister, ein routinierter, erfahrener Mann. Der Finanzpolitiker wird zum Schatten-Sozialminister, womit nur wenige gerechnet hatten. Ein Agrarpolitiker, der zum konservativen Flügel der Union gehört, wird für Umweltfragen zuständig, eine Seiteneinsteigerin vom Landfrauenverband für die Agrarpolitik. Eine junge Frau, die noch nicht lange zur CDU gehört, soll das Mienenfeld der Schulpolitik beackern. Ohne Zweifel beeindrucken die drei gestern vorgestellten Schatten-Minister am stärksten. Die Schatten-Wirtschaftsministerin Tamara Zieschang hat als Staatssekretärin Erfahrungen in den Landesregierungen in Kiel und Magdeburg gesammelt, sie kennt ihr Themenfeld gut. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass die CDU nach der Landtagswahl in welcher Konstellation auch immer das Wirtschaftsressort stellt, eher gering. Die Schatten-Justizministerin Barbara Havliza hat als profilierte Richterin herausragende Prozesse geführt, sie ist oft angefeindet worden. Der Schatten-Innenminister Günter Heiß hat an der Schaltstelle der Geheimdienste im Kanzleramt gesessen, kaum jemand hat mehr Einblicke in die Struktur der Polizei und des Verfassungsschutzes, er ist wie kein zweiter für die Führung des Innenministeriums qualifiziert. Mit Innenminister Boris Pistorius von der SPD, der als Aktivposten in der SPD gilt, kann Heiß es ohne Probleme aufnehmen. So klug mehrere der Personalvorschläge Althusmanns für die nächste Regierung auch sind, so sehr fällt auf, dass er an vielen Stellen auch Leistungsträger der Landtagsfraktion übergangen hat. Das empfiehlt sich eigentlich nicht, wenn man auf der anderen Seite auf das Engagement und die Unterstützung dieser Leute angewiesen ist. Mehrere CDU-Abgeordnete, die ministrabel sind, tauchen in der Mannschaft bisher nicht auf. Einige wichtige Schatten-Posten sind nun noch zu besetzen – Staatskanzleichef, Bevollmächtigter in Berlin, Chef der Landtagsfraktion und Staatssekretäre in den Ministerien. Entscheidend wird sein, ob es Althusmann gelingt, aus allen Akteuren ein eingeschworenes Team zu formen. Und das geht nur, wenn er selbst Feuer und Flamme für die angestrebte Aufgabe ist. Mail an den Autor dieses Kommentars
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #169.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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