19. Nov. 2020 · 
Soziales

In Niedersachsen sollen bis zu 60 Impfzentren entstehen

Sie können sich in derzeit nicht genutzten Turnhallen befinden, in Hotels oder auch in früheren Fabrikgebäuden, womöglich gar in Krankenhäusern: Die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte, einschließlich ihrer Kollegen aus Hildesheim und Cuxhaven, sollen in den nächsten Wochen und Monaten ein oder mehrere Impfzentren in ihrem Gebiet errichten. Das sind Orte, an denen Ärzte und Pfleger vor allem mit einer Aufgabe beschäftigt sein sollen – sie sollen nach vorgegebenen Terminen die Bürger Niedersachsens mit einer Corona-Schutzimpfung versehen.
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Gestern haben Sozialministerin Carola Reimann, Innenminister Boris Pistorius und Landkreistag-Hauptgeschäftsführer Prof. Hubert Meyer als Vertreter der Kommunen das Startzeichen für diesen Plan gegeben. Ein Konzept, das diese Impfzentren näher beschreibt, wurde zeitgleich an die Kreise und kreisfreie Städte übermittelt. Wann die Zentren fertig sein und mit ihrer Arbeit starten sollen, ist aber noch nicht ganz klar. [caption id="attachment_55248" align="alignnone" width="679"] Foto: KW[/caption] „Es kann zu Beginn des neuen Jahres sein oder auch im Februar“, erklärte Reimann. Entscheidend sei, wann ein neuer Impfstoff zugelassen wird und wie schnell dieser dann in größeren Mengen verfügbar sein soll. „Ich habe aber die Hoffnung, dass wir in absehbarer Zeit mehrere verschiedene Impfstoffe haben werden“, fügte Reimann hinzu. Daher soll jetzt alles ganz fix gehen.

Acht Zentren in der Region Hannover

Die nächsten Schritte sind nun so geplant: In jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt soll mindestens ein solches Impfzentrum entstehen (in Lüchow-Dannenberg nicht), in der Region Hannover sind es mindestens acht, in Braunschweig, Diepholz, Emsland, Göttingen, Harburg, Hildesheim, Osnabrück und Stade werden je zwei angepeilt. Für die räumliche und personelle Ausstattung ist die jeweilige Kommune zuständig, auch für den Betrieb und die organisatorische Leitung. Die Kassenärztliche Vereinigung muss die Ärzte dafür abordnen, diese wiederum sind das Chefs der Teams, von denen die Impfungen vorgenommen werden. Dabei gilt, wie Reimann betonte, der Arztvorbehalt. Das heißt, dass immer ein Arzt erreichbar sein muss, der zur Not um Rat oder eine Diagnose gefragt werden kann. Der Transport der Impfdosen, die Terminplanung und die übrige Logistik werde vom Land sichergestellt, betonte Innenminister Pistorius und fügte hinzu: „Das Land trägt auch die Kosten.“ Dabei nehme man die bewährten Katastrophenschutzeinheiten zur Unterstützung, sie stehen unter der zentralen Leitung des „Kompetenzzentrums Großschadenslagen“ in Celle. Die Kommunen erfüllen hier eine Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis – das heißt, dass die Leiter der regionalen Impfzentren den Weisungen des Kompetenzzentrums in Celle unterworfen sind. Pistorius glaubt allerdings nicht, dass dies nötig wird: „Bei allen Schwierigkeiten hat sich die Zusammenarbeit von Land und Kommunen bisher hervorragend bewährt, das klappt auch in einem Ausnahmefall wie diesem.“

Ein Impfstoff braucht Kühlung auf minus 70 Grad

Trotzdem sind noch einige Unwägbarkeiten vorhanden. Das fängt an beim Impfstoff. Reimann meinte, es könne sein, dass am Ende nur eine Variante übrig bleibt, die eine dauerhafte Kühlung auf minus 70 Grad Celsius erfordert. Wenn das so komme, bestünden besondere Anforderungen an die Terminabfolge – jede gelieferte Dose müsse dann schleunigst verbraucht werden, sodass es sehr darauf ankomme, zum passenden Zeitpunkt ausreichend vorbestellte Bürger zum Impfen im Impfzentrum zu haben. In einem solchen Fall müssten die Impfzentren vermutlich auch länger bestehen als nur ein paar Monate – denn man könne die Aufgabe nur dann den Ärzten übertragen, wenn an die Lagerung und den Transport des Impfstoffs keine erhöhten Anforderungen gestellt werden müssen. Je nachdem, welcher Impfstoff als erster zugelassen und in großen Mengen hergestellt ist, werde auch die Einteilung der Gruppen geschehen. Wer zuerst drankommen soll, richte sich dann nach bundesweit einheitlichen Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, das hänge von der Verträglichkeit, vom möglichen Nebenwirkungen und von der Einstufung von Risikogruppen ab. Daneben sei die genaue Dokumentation der Impfung nötig: „Der Impfstoff wurde sehr schnell entwickelt und wird sehr früh eingesetzt – das erfordert es, dass wir diejenigen, die geimpft wurden, auf mögliche Neben- oder Nachwirkungen genau beobachten“, betont die Sozialministerin. Einige Impfstoffe brächten es mit sich, nach zwei Wochen erneut eine zweite Impfung vorzunehmen, andere wieder nach drei Wochen. „Das erhöht die Anforderungen an eine genaue Dokumentation.“ Für wahrscheinlich hält es Reimann allerdings, dass zunächst mit dem Personal in Krankenhäusern und in Alten- und Pflegeheimen begonnen wird. Diese würden nicht in die Impfzentren bestellt, sondern von mobilen Impfteams an ihrem Tätigkeitsort aufgesucht. https://www.youtube.com/watch?v=mJ-G24LbXmw&feature=emb_title Bei allen anderen Gruppen, die dann nach und nach auch geimpft werden sollen, je nachdem, wie schnell genügend Dosen dem Land zur Verfügung stehen, ist ein besonderes Verfahren vorgesehen: Diejenigen, die zur Impfung vorgesehen sind, sollen sich in ihrem Impfzentrum einen Termin besorgen. Von der Kassenärztlichen Vereinigung wurde zunächst geplant, dies über die Servicenummer 116-117 zu regeln, doch davon raten viele Gesundheitspolitiker strikt ab. Nun reift der Vorschlag, jedem einen QR-Code zuzusenden, den der Empfänger dann einscannen soll. Reimann betont aber, Niedersachsen schaffe daneben die Variante eines „Bürgertelefons“ für all jene, die mit der Nutzung von QR-Codes überfordert sein könnten. Im Impfzentrum selbst müsse dann nicht ein Arzt die Spritze selbst setzen, es können nach Reimanns Angaben auch Pfleger oder Schwestern sein. Das Konzept sieht vor, dass das Land „in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung“ das ärztliche Impfpersonal „rekrutiert“ und auch bei der Bereitstellung der übrigen Mitarbeiter dieser Ärzte „unterstützt“. Den Landkreisen und kreisfreien Städten wird gleichzeitig die Aufgabe übertragen, „impfbefähigtes Personal“ und weitere Mitarbeiter für diese Zentren zu finden. Das kann noch zu einer größeren Herausforderung werden, nach Reimanns Schätzung sollen in den Impfzentren in der Hochphase stündlich bis zu 20 Menschen geimpft werden. Man denkt bei den Helfern vor allem an Krankenpfleger, Medizinstudenten, Rettungssanitäter und medizinische Fachangestellte. Das nächste große Problem für die Kommunen ist, die richtigen Orte zu identifizieren und frei zu räumen. Denn die Bedingungen müssen stimmen – vorausgesetzt werden eine stabile Internetverbindung, ein gesicherter Lagerraum, getrennte Ein- und Ausgänge, ausreichend Parkplätze, gute Anbindung an Busse und Bahnen und ausreichend sanitäre Anlagen. Prof. Meyer vom Landkreistag hält es für richtig und angemessen, wenn im Zuge dieser Pläne das Land jetzt „ein außergewöhnliches Ereignis“ nach dem Katastrophenschutzgesetz erklärt – das regele eindeutig die finanzielle Verantwortung des Landes, außerdem kann es damit erleichtert werden, Mitarbeiter für die Impfzentren zu verpflichten, sollten sich nicht genügend Freiwillige finden. Pistorius meinte dazu, dass ein Wunsch der Kommunen ja schon geklärt sei – für die Finanzen komme das Land auf. (kw)
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #209.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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