13. Apr. 2023 · 
Finanzen

Im Machtpoker um die Nord/LB könnten die Braunschweiger lachende Dritte werden

Um die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) herrscht gerade ein quälendes Machtpoker, wie jüngst auch im vertraulichen Teil der Landtags-Haushaltsausschusssitzung berichtet wurde. Nach Angaben von Teilnehmern der Sitzung sperrt sich ein Teil der Nord/LB-Eigentümer seit vier Monaten gegen notwendige Investitionen in Höhe von rund 500 Millionen Euro für die Erneuerung der IT-Infrastruktur der Nord/LB. Sie sollen erklärt haben, man müsse zunächst „über die Geschäftsstruktur der Landesbank reden“.

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Für IT-Investitionen wäre eine Mehrheit von mindestens 80 Prozent der Eigentumsanteile nötig – doch zwei Gesellschaften namens „Fides“, die zusammen 24 Prozent an der Bank halten, verweigern die Zustimmung. Die erste Fides-Gesellschaft bündelt die Gesamtheit der deutschen Sparkassen, die zweite die übrigen Landesbanken neben der Nord/LB – also vor allem die Helaba, die Landesbank Baden-Württemberg und die Bayerische Landesbank. Das Land Niedersachsen als größter Anteilseigner (57 Prozent) und der Sparkassenverband Niedersachsen (9,2 Prozent) sind bereit für die Investition, drängen sogar darauf. Offenbar gilt das auch für das Land Sachsen-Anhalt (6,3 Prozent). Nun liegt nahe, dass in dieser Ausgangslage ein Kompromiss gefunden werden muss – und Insider rechnen mit einem solchen vor dem Ende Mai in Hannover stattfindenden „Deutschen Sparkassentag“. Am Ende, heißt es, könnten dabei die Braunschweiger mit ihrer Forderung nach einer eigenständigen „Braunschweiger Landessparkasse“ (BLSK) die lachenden Dritten einer solchen Lösung sein.

Was steckt hinter dem Konflikt? Die Landesbanken und Sparkassen außerhalb Niedersachsens schauen nicht ohne Neid auf die guten Geschäfte und die gute Bilanz der Nord/LB, besonders auf deren Aktivitäten bei Erneuerbaren Energien. Sie hatten 2019 in einer Rettungsaktion die Nord/LB gestützt – und erwarten jetzt, dass die Nord/LB schrumpft und ihnen möglichst nicht als Konkurrent begegnet. Nord/LB-Chef Jörg Frischholz hatte vor wenigen Wochen erklärt, man habe ein US-Geschäft geprüft, sich dann aber wieder davon abgewandt. Dies könnte, wird interpretiert, ein Schritt des Entgegenkommens an die beiden Fides-Gesellschaften sein, eine Art Verständigungssignal. Im Haushaltsausschuss des Landtags berichtete Niedersachsens Finanzminister und Nord/LB-Aufsichtsratschef Gerald Heere (Grüne) über Bemühungen einer Einigung und Klärungen in Arbeitsgruppen. Einzelne Beobachter meinen indes, Heere agiere bisher zu rücksichtsvoll und vorsichtig, er solle den Fides-Leuten lieber klarmachen, dass sie bei einer fortgesetzten Verweigerungshaltung gegenüber der neuen IT der Nord/LB Schaden zufügen und dafür später sogar persönlich haftbar gemacht werden könnten. 



Droht ein finanzieller Schaden durch die Verzögerung? Angeblich haben die HannBG und „Niedersachsen Invest GmbH“ (NIG), die für das Land die Nord/LB-Anteile halten, diese bereits teilweise abgeschrieben. Eine solche Wertberichtigung kann dazu führen, dass von 2025 an, wenn eine Ausschüttung des Niedersachsens-Investments geplant ist, kein Geld von der Landesbank an das Land überwiesen wird. Das dürfte der HannBG, die sich auch auf andere Landesbeteiligungen wie VW stützt, weniger schaden als der NIG. Womöglich müsste das Land die NIG dann finanziell stabilisieren, obwohl das bisher nicht vorgesehen ist. Eine solche Perspektive erhöht nun den Druck auf Heere, eine rasche Kompromisslösung zu finden.

Was hat die BLSK mit dem Konflikt zu tun? Der Sparkassenverband Westfalen-Lippe hatte im März die Idee einer Herauslösung der BLSK aus der Nord/LB als mögliche Variante verkündet – und damit Unruhe in die Bankenlandschaft gebracht. Tatsächlich würde die Abkapselung der BLSK die Nord/LB verkleinern – also den Interessen der Fides-Gesellschaften entgegenkommen. Nun könnte der angepeilte Kompromiss so aussehen: Die Investition in die neue IT der Nord/LB wird gebilligt, aber diese neue IT muss dann Sparkassen-kompatibel sein, sodass im nächsten Schritt die Nord/LB auf die BLSK verzichtet. Dass diese BLSK anschließend in die alleinige Hoheit der Städte Braunschweig und Salzgitter und der Kreise Wolfenbüttel, Helmstedt und Holzminden käme, scheint derzeit eher unwahrscheinlich – denn diese fünf Kommunen haben zu wenig Geld für deren Erwerb. Denkbar wäre aber eine Fusion einer herausgelösten BLSK mit einer der drei benachbarten Sparkassen, also Celle-Gifhorn-Wolfsburg, Hannover oder Hildesheim-Goslar-Peine. Dabei könnten auch andere Sparkassen außerhalb Niedersachsens mitspielen.

Dieser Artikel erschien am 14.4.2023 in Ausgabe #068.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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