Voraussichtlich ab dem 25. Mai können Hotels in Niedersachsen wieder die ersten Gäste begrüßen. Allerdings wird höchstwahrscheinlich nur eine Auslastung bis maximal 50 Prozent erlaubt werden. So kann man die Betriebe in den ersten beiden Wochen wieder anfahren lassen, aber eine längerfristige Lösung ist das nicht, warnt Bernhard Brons, Präsident der IHK für Ostfriesland und Papenburg. Dafür sei die 50-Prozent-Regelung viel zu pauschal.

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Benötigt würden jetzt regional differenzierte und auf den Einzelfall zugeschnittene Lösungen. „Was wir nicht mehr gebrauchen können, sind global-pauschale Antworten. Kompletter Shutdown – das geht so nicht mehr“, sagte Brons am Montag in einer Pressekonferenz der IHK Nord. Auf der Etage eines etwas größeren Hotels sei es egal, ob die Belegung bei 30, 50 oder 90 Prozent liege. Entscheidend seien die Treffpunkte wie die Rezeption, die Lobby und das Restaurant. Hier ließen sich zum Beispiel die Frühstückszeiten für die Gäste differenzieren, um das Zusammentreffen von Gästen im Restaurantbereich zu minimieren.


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„Wichtig ist vor allem, dass die Hygiene- und Abstandsregelungen eigehalten werden“, so Brons. Der Tourismus sei von der Corona-Krise extrem betroffen, allein in Niedersachsen gebe es in dem Bereich 300.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Dabei gehe es nicht nur um die Zukunft der Betriebe, sondern auch um die vielen Mitarbeiter. Angesichts der Gehälter in der Branche liege das Kurzarbeitergeld im Durchschnitt bei 1050 Euro. „Davon kann man kaum leben. Normalerweise wird in den Hotels richtig viel Trinkgeld verdient. Das sind 700 bis 800 Euro im Monat, die jetzt fehlen“, erklärte Brons.

Jedes fünfte Unternehmen von Pleite bedroht

Auch abseits des Tourismus ist die Lage für die norddeutsche Wirtschaft schwierig, nicht nur wegen der vielen touristischen Betriebe, sondern auch, weil die Abhängigkeit vom Außenhandel noch größer ist. Nach aktuellen Zahlen der IHK Nord ist jedes fünfte Unternehmen durch die Corona-Krise von der Pleite bedroht. Der Einbruch der norddeutschen Wirtschaftsleistung sei 20 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt.

Die Kammer fordert deshalb eine bessere Zusammenarbeit der norddeutschen Länder. Die IHK Nord-Vorsitzende Janina Marahrens-Hashagen sagte am Montag, es brauche ein umfassendes wirtschafts- und konjunkturpolitisches Maßnahmenpaket. Dafür müssten sich die Regierungen der norddeutschen Länder auf eine gemeinsame wirtschaftspolitische Strategie verständigen, die den Strukturen des Wirtschaftsraums gerecht werde. Durch eine Zusammenarbeit der Nord-Länder erhofft sich die IHK unter anderem mehr Gewicht beim Einwerben von Unterstützung in Berlin und Brüssel.

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Außerdem ließen sich so Wettbewerbsverzerrungen durch regional unterschiedliche Regelungen zwischen den einzelnen Ländern vermeiden. Hinzu kommt, dass ein Flickenteppich bei den Regelungen für Unsicherheit in den Unternehmen sorgt. Laut Marahrens-Hashagen bräuchten die Firmen einen Rahmen, in dem sie sich in naher Zukunft bewegen könnten. „Ein im Norden abgestimmtes Verfahren würde es der Unternehmerschaft deutlich leichter machen. Im Moment frage sich viele, was sie eigentlich dürfen und was sie konkret umsetzen müssen.“

Staat soll geschlossenen Firmen Miete und Strom zahlen

Die IHK Nord stellte am Montag ein Strategiepapier mit Eckpunkten einer Exit-Strategie für die Wirtschaft vor. Dabei gehe es zunächst darum, das Überleben der Betriebe zu sichern. Marahrens-Hashagen sprach von konkreten Existenzängsten vieler Unternehmer. Die Herausforderungen in der Krise seien gewaltig. Die IHK schlägt vor, Unternehmen, die weiter geschlossen bleiben müssen, vorübergehen „einzufrieren“ und ihre Liquidität zu sichern, in dem zum Beispiel die Zahlung der Fixkosten wie Miete oder Strom vorübergehend vom Staat übernommen werden.

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Zudem sollten mit einem „Bürokratie-Moratorium“ die Informations- und Dokumentationspflichten zeitweise deutlich reduziert werden. In einem zweiten Schritt müssten Branchen gezielter gefördert werden. So schlägt die IHK Nord in dem Papier vor, auf absehbare Zeit Ladenöffnungszeiten flexibler zu handhaben oder die Nutzungsmöglichkeiten und Öffnungszeiten der Außengastronomie im Sommer zu erweitern. So könnten während des Shutdowns angefallene Verlust aufgeholt werden. In einem dritten Schritt schlägt die Kammer vor, Zollverfahren zu vereinfachen, Hafengebühren zu senken und den Lieferverkehr im EU-Binnenmarkt wieder in Gang zu bringen.

„Nach der Krise werden viele Liefer- und Wertschöpfungsketten neu geordnet werden“, erwartet Niels Pirck, Vizepräses der Handelskammer Hamburg. „Bestehende Beziehungen werden überprüft, neue Bindungen angestrebt.“ Als viertes Handlungsfeld sieht die IHK Nord gezielte Investitionen in Bereichen, die in der Zukunft große Bedeutung haben werden. Sie schlägt eine gemeinsame 5G-Strategie der norddeutschen Länder und eine gemeinsame Wasserstoff-Initiative vor.