Heftiger Streit an der Weser: Verzögert der Bund den Ausbau?
Im Sommer steht ein wichtiger Termin für die Binnenschifffahrt in Niedersachsen bevor: Der Umbau der Schleuse in Minden wird vollendet, dort passen dann auch die bis zu 135 Meter langen Großmotorgüterschiffe (GMS) hinein. Zu diesem Anlass will der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), die Mittelweser offiziell für „befahrbar“ erklären. Doch von Anliegern der Weser, vor allem aus dem Raum Nienburg, kommt scharfer Protest.
Der Bund, so beklagt der SPD-Landtagsabgeordnete Grant Hendrik Tonne (Nienburg) im Gespräch mit dem Rundblick, blockiere tatsächlich den Güterverkehr mit Binnenschiffen: „Aus fachlich nicht nachvollziehbaren Gründen wird der Ausbau der Mittelweser durch das Bundesverkehrsministerium verhindert. Das hat auch negative Konsequenzen für den Tourismus in der Region.“ Ferlemann widerspricht: „Diese Kritik trifft nicht zu!“
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In den Ausbau der Weser auf diesem Abschnitt sind bisher 230 Millionen Euro investiert worden. Es geht dabei um Begradigungen des Flusslaufs, um die Erneuerung von Schleusen und um Verbreiterungen des Flussbetts. Die Pläne liegen nicht nur vor, sie sind auch schon längst abgeschlossen, Geld steht im Etat des Bundesverkehrsministeriums auch bereit. Der Streit dreht sich jetzt, einige Monate nach dem Beschluss über den Bundesverkehrswegeplan, um das Wie des Ausbaus. Tonne und andere regionale Politiker, darunter auch der CDU-Landtagsabgeordnete Karsten Heineking, pochen auf die vollständige Umsetzung der bisher vereinbarten Pläne – zwischen Minden und Bremen sollen neun Ufer zurückverlegt und neue Warteplätze geschaffen werden, im südlichen Bereich zwischen Landesbergen und Petershagen müssten auch Engpässe zügig beseitigt werden. Der SPD-Politiker Tonne sieht darin auch einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Jade-Weser-Ports – Wilhelmshaven könne über Mittelweser und Mittellandkanal angebunden werden, damit werde der Hafen in der Konkurrenz zu Antwerpen und Rotterdam gestärkt.
Ferlemann erklärt, man wolle auf die weitere Uferbegradigung zunächst verzichten, da der Bund nicht so viel zusätzlichen Güterverkehr auf der Weser erwarte. „Sollten wir uns aber täuschen, können wir sofort nachziehen und die weiteren Schritte veranlassen. Das wäre dann in wenigen Jahren auch umsetzbar“, sagte Ferlemann dem Rundblick. Die Zusatzinvestitionen würden bis zu 30 Millionen Euro kosten, und das Geld sei vorhanden. Die Kritiker aus der Region widersprechen: Wenn man jetzt die Weser nicht gleich richtig ausbaue, sondern nur in einer „Schmalspurvariante“, schrecke das möglichen Güterverkehr ab – weil Begegnungsverbote wegen der Kurven und der engen Zonen dazu führten, dass Wartezeiten zu lang sind und der Transport unwirtschaftlich werde, meint der „Wirtschaftsverband Weser“, eine in dieser Debatte sehr rege Interessenvereinigung. So drohe ein Großteil des in dieser Gegend häufigen Sand- und Kiestransports auf die Straße verlagert zu werden.
Tonne verweist auf ein internes Gutachten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Hannover, das die Vorbehalte der Kritiker unterstütze – und das trotzdem vom Ministerium nicht zum Anlass für die große Ausbauvariante genommen werde. Ferlemann aber liest dieses Gutachten anders und meint, weniger die fehlenden Uferbegradigungen als vielmehr die zu langen Wartezeiten an den Schleusen seien das Problem, und dort plane man bald eine zentrale Steuerung, das bringe Abhilfe. Weitere Details erschweren die Debatte, so hat sich Bremen, das den Ausbau mitfinanzieren sollte, zurückgezogen. Mit dem Bund verhandelt der Senat darüber, ob man die Zuständigkeiten für Wassersstraßen tauschen solle, damit der Bund künftig die Investitionen an der Mittelweser allein tragen kann.
Die Kritiker Ferlemanns spekulieren zudem, in Berlin habe man wohl mehr den Rhein und die Elbe im Blick – und vernachlässige die Weser. „Alles Quatsch“, meint Ferlemann dazu, „wir wollen alle Flüsse ausbauen“. Der Staatssekretär spricht schon über die nächsten Schritte, nämlich die Anhebung der Brücken über die Weser, damit dort in Zukunft auch schwerer beladene Containerschiffe passieren können. Doch darüber, meint der Staatssekretär, „will im Moment offenbar niemand reden“. Falls doch, stehe der nächste Streit schon bevor.