Die Tagesordnung für den Landtags-Haushaltsausschuss am Mittwoch ist überraschend erweitert worden. Es steht im vertraulichen Teil ein Bericht von Finanzminister Gerald Heere (Grüne) auf der Tagesordnung – dabei geht es „um eine Bürgschaftsangelegenheit“, wie es in der Einladung heißt. Somit ist nun klar, dass die Konzeption zur Rettung der Meyer-Werft in Papenburg konkreter wird. Der Sanierer hat in den vergangenen Wochen schon intensive Gespräche mit Bund, Land, Gewerkschaft und Banken geführt. Die Ankündigung, 440 der rund 3300 Stellen abzubauen, hat zu massiven Protesten geführt.

Unterdessen wird klar, dass die Werft bis 2027 einen Kapitalbedarf von 2,7 Milliarden Euro hat. Wie soll der gedeckt werden? Ins Visier gerät dabei auch das Land Niedersachsen. Es hatte bereits im vergangenen Jahr eine Bürgschaft gegeben, diese hatte einen Umfang von 326 Millionen Euro. Die Besonderheiten des Geschäftsmodells der Meyer-Werft beschreiben die besondere Lage von Liquiditätsengpässen trotz voller Auftragsbücher. 80 Prozent der Summe für die neuen Kreuzfahrtriesen werden bei Auslieferung gezahlt – das heißt, die Werft muss einen Großteil der laufenden Kosten vorstrecken. Sogenannte „Preisgleitklauseln“ fehlen bisher offenbar bei Meyer. Sie könnten sicherstellen, dass bei gestiegenen Rohstoffkosten die Preise erhöht werden können.
So sieht das Rettungsmodell aus: Nach Rundblick-Informationen teilt sich der Kapitalbedarf von 2,7 Milliarden Euro so auf: Um 400 Millionen Euro soll die Werft ihr Eigenkapital erhöhen – entweder durch einen Investor oder durch eine Beteiligung der Familie Meyer. Die restliche Summe von 2,3 Milliarden Euro soll über Kredite bereitgestellt werden, die zu 80 Prozent verbürgt werden müssen. Zieht man davon noch die Summe der bisherigen Bürgschaft von 326 Millionen Euro ab, so bleibt ein Bürgschaftsbedarf von 1,8 Milliarden Euro. Die spannende Frage ist nun, ob sich Bund und Land diesen Betrag zu gleichen Teilen (je 900 Millionen Euro) teilen sollen. Der Bund, so heißt es, sperre sich bisher.
Nun könnte es aber sein, dass für einen Betrag oberhalb von 1,4 Milliarden Euro der im Landeshaushalt 2024 bereitgestellte Bürgschaftsrahmen nicht ausreicht – dann müsste Heere auf die Schnelle einen Nachtragshaushaltsplan vorlegen, der zügig (spätestens im September) vom Landtag beschlossen werden müsste. Es sei denn, man kann die Bürgschaft strecken auf das nächste Jahr, dann würde wohl der Etat für 2025 reichen. Auf jeden Fall scheint klar, dass die Banken Klarheit bis Mitte September erwarten. Das Land muss sich wohl darauf einstellen, wegen der Zurückhaltung der Bundesregierung den größten Teil der benötigten Bürgschaft selbst tragen zu müssen.
Eine andere Frage ist, wer für die Erhöhung des Eigenkapitals in Betracht kommt. Sollten andere Investoren ausbleiben und auch die Familie Meyer ihren Anteil nicht erhöhen wollen, so würden wohl Rufe nach einer Beteiligung des Landes Niedersachsen an dem Unternehmen laut werden. Das hat allerdings einen Haken: Die Miteigentümerschaft des Landes an einem Unternehmen, das in eine Notlage rutschen könnte, ist problematisch – nicht zuletzt wohl auch rechtlich.
Außerdem droht für den Fall, dass eine Landesbeteiligung im Umfang von 400 Millionen Euro angestrebt würde, eine besondere Situation – die Werft wäre dann mehrheitlich im Besitz des Landes. Dies könnte man zwar aus strukturpolitischer Sicht wegen der enormen Bedeutung der Werft in Ostfriesland und im Emsland vertreten. Es würde aber zugleich bedeuten, dass das Land für jeden unternehmerischen Schritt, auch für einen womöglich nötigen Abbau von Arbeitsplätzen, die Hauptverantwortung träge. Unabhängig von dieser Frage wird auch diskutiert, ob die Meyer-Werft künftig einen Aufsichtsrat bildet und wenigstens die Arbeitnehmer-Seite damit auch formell an den Entscheidungen des Unternehmens beteiligt.