17. Okt. 2022 · 
Kommunales

Hannovers Sparkonzept stellt das Modell der Region Hannover auf den Prüfstand

Belit Onay (r.) und sein Kämmerer Axel von der Ohe haben ein Haushaltssicherungskonzept für die Landeshauptstadt Hannover vorgestellt. | Foto: LHH

Wegbrechende Einnahmen etwa aus der Gewerbesteuer hier, steigende Ausgaben zum Beispiel für Energie dort – in dieser Lage hat der hannoversche Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sein Sparkonzept verkündet. Er will insgesamt 120 Millionen Euro aus dem Etat von rund 2,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Geschehen soll das über Einnahmeerhöhungen und Ausgabekürzungen. Auch die Region Hannover hat einen strikteren Sparkurs angekündigt. Das Besondere am Plan von Onay ist nun, dass er auch eine Überprüfung der Grundlagen der Region Hannover angekündigt hat. Diese vor knapp 21 Jahren geschaffene Einrichtung war seinerzeit die Vereinigung von Landkreis Hannover und Landeshauptstadt zu einer gemeinsamen Verwaltungseinheit neuen Namens – wobei sowohl die Stadt Hannover wie die 20 Städte und Gemeinden des Umlandes ihren Status als eigenständige Kommune in Teilen behalten haben. Der Verlust der Kreisfreiheit der Stadt Hannover ist zudem nur eingeschränkt, denn in vielen Bereichen hat die Landeshauptstadt seit 2001 ihre alten Zuständigkeiten behalten, parallel wurden aber solche des alten Landkreises, die in die Region hinübergerettet wurden, für die Städte und Gemeinden des Umlandes konserviert.

Im Ergebnis des damaligen Fusionsprozesses zur Region Hannover sind damit im größeren Umfang Doppelzuständigkeiten festgelegt und bis heute nicht angetastet worden. Die Region hat ein Ausländeramt, die Landeshauptstadt auch. Die Region hat ein Kraftfahrzeugzulassungsamt und ein Sozialamt, die Stadt ebenso. Das Aufrechterhalten zweier Strukturen nebeneinander mag teilweise gerechtfertigt sein, so bei der Ausländerbehörde, die gerade in der Landeshauptstadt stark gefordert ist. Aber Parallelstrukturen bedeuten immer auch parallele Hierarchien, ein bestimmtes Eigenleben der Behörden und höhere Personalkosten.

Doppelzuständigkeiten zwischen Stadt und Region Hannover gibt es etwa im Bereich Soziales. | Fotos: LHH, Hannover.de

Onay sagte im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick, man werde jetzt prüfen, inwieweit hier Vereinfachungen und Verschlankungen möglich sind. Das gehe bis hin zu der Frage, wie die auch von der Stadt Hannover überwiesene Regionsumlage zugeschnitten ist. Wenn daraus auch das Ausländeramt der Region finanziert werde, das für die Ausländer in der Landeshauptstadt gar nicht zuständig ist, könne in einem Neuzuschnitt ein Reformziel liegen. Im Übrigen, so der hannoversche Oberbürgermeister weiter, sei auch Aufgabenkritik angezeigt – also eine Klärung der Frage, inwieweit ein Verwaltungsangebot im bisherigen Umfang noch sein müsse oder verknappt werden könne. Der OB verweist dabei auf die Tatsache, dass es gegenwärtig immer schwerer werde für die Stadtverwaltung, ihre freien Stellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Bis zu 900 Positionen in der 12.000-Mitarbeiter-Verwaltung seien gegenwärtig unbesetzt.

Onay: TVöD reicht nicht für IT-Stellen

Die hannoversche Stadtverwaltung zeichnet sich dadurch aus, dass sie großen Wert auf einen geschlossene, möglichst wenig in Untergliederungen aufgesplitterte Gesamtbelegschaft legt. Die Kehrseite ist, dass Positionen am TVöD gemessen werden und es damit schwer wird, beispielsweise für freie IT-Stellen zu diesem Tarif geeignete Bewerber zu finden. Auf der anderen Seite sei eine Stadtverwaltung, in der alle Sparten zum Gesamtsystem zählen, leichter steuerbar. Onay weist im Übrigen darauf hin, dass Hannover zwar sehr stark vom Rückgang der Gewerbsteuer betroffen ist. Die Landeshauptstadt stehe damit aber nicht allein, sämtliche niedersächsischen Städte hätten derzeit in ihren Finanzkalkulationen für das kommende Jahr große Defizite vorgesehen.

Mit einer jüngst im Landtag beschlossenen Gesetzesänderung der Kommunalverfassung wird es der Kommunalaufsicht ermöglicht, die Schuldenaufnahme als Konsequenz dieser Situation ohne Auflagen zu gestatten. Eine Ausnahmeregel aus der Corona-Zeit wird damit fortgeschrieben. Das Resultat ist aber, dass die Verschuldung der Kommunen in den kommenden Jahren stark ansteigen wird. Ein Bestandteil von Onays Sparplan ist die Überlegung, die Grundsteuer von 2024 an um 100 auf 700 Punkte heraufzusetzen. Dies sei erforderlich, da man beständige Mehreinnahmen benötige, die Grundsteuer sei damit ein Gegenmodell zu der extrem schwankungsintensiven Gewerbesteuer. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert den Plan mit den Worten: „Die Stadt ist damit Preistreiber im Bereich Wohnen.“ Hannover liege, wenn das Realität werde, mit Berlin an der Spitze der Belastung in den deutschen Landeshauptstädten.

Dieser Artikel erschien am 18.10.2022 in Ausgabe #183.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail