Herbert Schmalstieg dürfte bei der Frage nach dem „bekanntesten Hannoveraner“ heute immer noch weit vorn liegen – auch 17 Jahre nach seinem Abschied als Oberbürgermeister. Er dürfte bei einer solchen Befragung den Massenmörder Fritz Haarmann um Längen schlagen, seinen Parteifreund Gerhard Schröder vermutlich auch und Christian Wulff sowieso. Vielleicht liegen noch Gottfried Wilhelm Leibniz und der Fabrikant Hermann Bahlsen im vorderen Bereich. Aber andere Hannoveraner? Keiner steht so wie er für diese Stadt und ihren Charakter.

Wenn der SPD-Mann Schmalstieg, der am 8. Juni seinen 80. Geburtstag feiert, in seinen Eigenschaften beschrieben werden soll, dann dürften vermutlich folgende Begriffe nicht fehlen: Nüchternheit und Bescheidenheit im Auftreten, Zugewandtheit zu den Menschen und ihren Alltagsproblemen, klar verortet in einem Gerüst von Werten der Nächstenliebe. Für Schmalstieg, der von 1972 an 34 Jahre lang der oberste Repräsentant der niedersächsischen Landeshauptstadt war, bedeutete Politik nie nur Kommunalpolitik. Er hat sich immer auch für humanitäre Fragen engagiert, für die Völkerverständigung. Lange setzte er sich für die in der Türkei verfolgten Kurden ein.
Vor der Wiedervereinigung war es Schmalstieg, der die Idee der Städtepartnerschaften – vor allem mit Leipzig – vorantrieb. In jüngster Zeit meldete sich Schmalstieg zu Wort, als Gerhard Schröder, der andere prominente Hannoveraner mit SPD-Parteibuch, öffentlich wegen seiner Nähe zu Wladimir Putin angegriffen wurde. Schmalstieg verteidigte Schröder, und das war deshalb schon bemerkenswert, weil der Alt-Oberbürgermeister früher nie zum Fanclub Schröders zählte, seine Frau Heidi Merk schon gar nicht. Aber Schmalstieg fühlte sich in seinem Gerechtigkeitsempfinden herausgefordert und bezog für Schröder Stellung. Während eines Empfangs, den Oberbürgermeister Belit Onay für Schmalstieg ausrichtet, hält Ministerpräsident Stephan Weil am morgigen Donnerstag die Festrede.
