5. Feb. 2018 · 
Kultur

Hannover und Hildesheim wollen Kulturhauptstadt werden

Von Karina ScholzIn Hildesheim wurde bereits der „Hildesheimer Hammelsprung“ gewagt, in Hannover laufen die Vorbereitungen für einen Ratsbeschluss auf Hochtouren: Die Landeshauptstadt und die siebtgrößte Stadt in Niedersachsen wollen sich beide um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“ bewerben. Viel Arbeit liegt noch vor den Akteuren, zuerst müssen beide Städte originelle Ideen für ihre Kandidaturen erarbeiten. „Wir haben andere Voraussetzungen, stehen aber vor den gleichen Herausforderungen“, sagt Mareike Knobloch vom Projektbüro „Hi2025“ in Hildesheim mit Blick auf die Konkurrenz an der Leine.Die Hildesheimer Einwohner durften bereits mit den Füßen abstimmen. Das „Theater für Niedersachsen“ (TfN) hatte eingeladen, um die Zustimmung oder Ablehnung von 30 Behauptungen über die Stadt mit dramaturgischen Mitteln herauszufinden. 130 Interessierte kamen zum „Hildesheimer Hammelsprung“ und liefen auf der Bühne hin und her – für ein Ja nach rechts, für ein Nein nach links. „Es hat Spaß gemacht, das war uns auch wichtig“, sagt die Chefdramaturgin des TfN, Astrid Reibstein. Über Hildesheims Besonderheiten durften die Teilnehmer an Gruppentischen diskutieren. Konkrete Ergebnisse für Projekte zum Thema „Kulturhauptstadt Europas“ lieferte der Abend zwar noch nicht, aber mit vielen Aussagen zu so weitläufigen Stichworten wie Nahverkehr, Freizeit oder Lebensqualität ließe sich nun weiter „spielerisch umgehen“, erläutert Reibstein.Hildesheim bringt seine Expertise als Stadt mit katholischem Bischofssitz, mit Unesco-Weltkulturerbestätten und als Hochschulstandort mit lebendiger freier Kulturszene in die Bewerbung ein. Für das Projektbüro „Hi2025“ stellte das Bistum Hildesheim seinen Kulturbeauftragten Thomas Harling ab, der bereits die Feierlichkeiten zum 1200-jährigen Bestehen des Bistums im Jahr 2015 managte. An seiner Seite arbeitet Mareike Knobloch, die zuletzt als Marketingleiterin am Staatstheater Braunschweig sowie an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover tätig war.Knobloch legt Wert darauf, dass die Bewerbung Hildesheims zur Kulturhauptstadt sowohl von Bürgern der Stadt als auch aus der Umgebung mitgetragen wird. Dazu wollen sie und Harling in den nächsten Wochen durch den Landkreis touren, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Eine Postkarten-Aktion forderte die Bürger bereits zum Mitmachen auf. „Im Moment machen wir die Ohren und die Augen auf“, sagt Knobloch. Es gehe darum, ein individuelles Konzept mit europäischer Dimension für Hildesheim als Kulturhauptstadt zu entwickeln. Im Herbst soll das Schreiben der Bewerbung beginnen. Stadt, Landkreis, Landkreiskommunen und Sponsoren finanzieren die Bewerbung gemeinsam, geplant wird mit Ausgaben in Höhe von 750.000 Euro bis 2019.Deutlich mehr Geld steht der Landeshauptstadt für ihren Plan zur Verfügung. Zwei Millionen Euro sollen bis 2020 für die Bewerbung Hannovers als Kulturhauptstadt Europas ausgegeben werden, wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ unlängst berichtete. Offiziell hält sich das Büro des Oberbürgermeisters zum Thema Kulturhauptstadt bedeckt, denn der Ratsbeschluss zur Bewerbung Hannovers steht noch aus. Vorbereitet ist jedoch ein Entwurf dafür, der Hannover vor allem als Stadt der Gärten und Parks sowie der Musik profiliert sehen will. Einen besonderen Reiz soll auch die historisch bedeutsame Beziehung von Hannover und Großbritannien entfalten, die angesichts des Brexit eine neue Aufmerksamkeit bekommen könnte. In dem Entwurf ist die Rede davon, dass Bristol und Hannover kooperieren – europäischer gehe es ja kaum.Auch ein neuer großer Konzertsaal für Hannover wird in dem Papier vorgeschlagen, ein klassischer Konzertsaal mit einer Größe von 400 bis 800 Personen.  Zudem soll das zu einem Drittel leer stehende Ihme-Zentrum wieder attraktiv gemacht werden, denkbar sei ein kulturelles Zentrum mit „Möglichkeitsräumen“ für neue Arbeits- und Kulturformen. Das Ihme-Zentrum in Linden, oft als Schandfleck und lästige Bausünde aus den sechziger und siebziger Jahren verschrien, bekäme so eine völlig neue Aufwertung. Auch an der Leine gab es mit der Auftaktaktion „Ausnahmezustand“ im September 2017 und der öffentlichen „Partizipativen Galerie“ bereits bürgernahe Beteiligungsformate. Zur Konkurrenz zwischen den beiden niedersächsischen Kulturhauptstadt-Bewerbern gibt es öffentlich nur lobende Worte: „Wir sitzen alle im selben Boot und verfolgen eine wunderbare europäische Idee, die nicht nur in der Titelstadt wirken wird, sondern auch auf nationaler und europäischer Ebene“, heißt es aus dem Büro des Oberbürgermeisters Stefan Schostok. Allgemein herrsche unter den deutschen Bewerberstädten auf den gemeinsamen Konferenzen „eine Atmosphäre des konstruktiven und kollegialen Austauschs und Miteinanders“. Die CDU in der Stadt Hannover hatte seine Gedanken allerdings heftig gescholten. Es fehle der rote Faden, rügte Ratsfraktionschef Jens Seidel.Um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“ bemühen sich vermutlich auch Magdeburg, Dresden, Nürnberg, Chemnitz, Kassel und Koblenz. Für die Kulturhauptstadt Europas sind nach Angaben der Kultusministerkonferenz 1,5 Millionen Euro aus dem Programm „Kreatives Europa“ vorgesehen. In Deutschland erhielten Berlin (1988), Weimar (1999) und die Region „Essen für das Ruhrgebiet“ (2010) bereits den begehrten Titel.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #24.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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