
Der Fachkräftemangel macht sich in einer Stadtverwaltung wie Hannover schon stark bemerkbar.
Rundblick: Warum erleben wir im Rathaus von Hannover noch keinen großen Schub für mehr Digitalisierung? Warum gibt es lange Wartezeiten etwa bei der Elterngeld-Auszahlung – oder dann, wenn es bei einer Wohnungsummeldung zu Verzögerungen kommt?
Onay: Völlig richtig ist: Die Bürger erwarten Fortschritte. Das Online-Zugangsgesetz des Bundes verpflichtet alle Verwaltungen, eine Reihe von Dienstleistungen bis Ende 2022 online anzubieten. Nur brauchen wir dafür auch eine Plattform, die eine Vernetzung der Behörden untereinander ermöglicht und auch die nötige Sicherheit gewährleistet. Das Servicekonto muss das Land schaffen – und angekündigt wurde, dass dies in diesem Herbst jetzt passieren soll. Theoretisch könnten wir auch zusätzlich eine eigene Plattform schaffen, aber das macht wenig Sinn, wenn es um eine möglichst gute Vernetzung der Behörden gehen soll. Ich habe eine Task-Force auf den Weg gebracht, die möglichst rasch dafür sorgen soll, dass bis zu 20 weitere Dienstleistungen schon kurzfristig digitalisiert werden. Die Task-Force hat den Schwerpunkt, wichtige Dienstleistungen nicht nur mit einem Online-Zugang, sondern auch mit digitalen Prozessen im Backend umzusetzen. Das kann dann starten, wenn das Land mit dem Servicekonto so weit ist.
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Rundblick: Haben Sie überhaupt genügend IT-Fachleute?
Onay: Wir geben uns Mühe – aber wir sehen auch: Der Fachkräftemangel macht sich in einer Stadtverwaltung wie Hannover schon stark bemerkbar. Von den rund 10.000 Stellen, die meine Verwaltung hat, sind 600 bis 700 unbesetzt. Das betrifft etwa Erzieher in Kindergärten, aber eben auch Architekten, Bauingenieure und IT-Fachleute. Wir stehen in starker Konkurrenz zur Privatwirtschaft und zu anderen Behörden.
Rundblick: Nun hat die Corona-Zeit ein Loch in die Stadtkasse gerissen. Haben Sie überhaupt genügend Spielraum, wenn eine Tarifanhebung für den öffentlichen Dienst ausgehandelt werden sollte?
Onay: Wir bieten familienfreundliche, attraktive Arbeitsplätze. Ansonsten stimmt natürlich, dass sich wegen der Corona-Krise auch unser Haushalt in einer katastrophalen Lage befindet. Bund und Land decken die Gewerbesteuerausfälle für dieses Jahr, das ist gut. Aber ich sehe schon, dass wir eine ähnliche Unterstützung auch für 2021 und 2022 benötigen werden. Außerdem schieben wir einen Investitionsstau vor uns her, hier wären – etwa für die Aufwertung der Innenstädte – besondere Investitionshilfen wünschenswert. Wenn es sein muss, würde ich auch akzeptieren, dass solche Zuschüsse von Bund oder Land auch an Bedingungen ihrer Verwendung geknüpft werden.
In Zeiten, in denen eine große Fläche einen großen Wert hat, weil dort Abstände besser eingehalten werden können, bietet die Messe ein Pfund, mit dem wir wuchern können.
Rundblick: Die Corona-Krise kann für viele Einzelhändler, auch viele Kaufhäuser, das Aus bedeuten. Bei Karstadt sind schon Entscheidungen gefallen. Wie steuern Sie gegen eine Verödung der Innenstadt?
Onay: Hannover ist eine der umsatzstärksten Einkaufsstädte in Deutschland – und das wird sicher so bleiben. Was Karstadt angeht, sind wir in Gesprächen, aber Ergebnisse kann ich noch nicht mitteilen. Wir müssen das Thema umfassend angehen. Die Attraktivität der Innenstadt hängt stark von den Verkehrsströmen ab und auch davon, wie wir das Wohnen in der Innenstadt attraktiver machen. Bisher wohnen recht wenige Menschen in der Innenstadt.
Rundblick: Reden wir über einige konkrete hannoversche Themen. In der Hindenburgstraße plädierte bei einer Bürgerbefragung die klare Mehrheit für ein Festhalten an dem Namen. Der Stadtbezirksrat will trotzdem eine Änderung. Passt das zu Ihrem Ziel, der Bürgerbeteiligung mehr Gewicht zu verleihen?
Onay: Eine Straßenbenennung ist eine herausgehobene Form der Würdigung. Daher kommt es sehr darauf an, was die Person getan hat, die hier geehrt wird. Das Vorgehen des Stadtbezirksrates, der die Bürger repräsentiert, halte ich für nachvollziehbar – zumal er sich auf den Rat einer Expertenkommission stützt.
