Hampel bleibt AfD-Chef, aber seine parteiinternen Gegner sind stärker als vermutet
Der 60-jährige Journalist Armin Paul Hampel steht auch in den kommenden zwei Jahren an der Spitze des AfD-Landesverbandes Niedersachsen. Am Sonntag entschieden sich beim Parteitag in Hannover-Misburg 214 Mitglieder für ihn, 86 stimmten für seine Gegenkandidatin, die 46-jährige Finanz- und Versicherungsmaklerin Dana Guth aus Herzberg (Kreis Göttingen). Der dritte Bewerber, Siegfried Reichert (62) aus Hannover-Sehnde, erhielt 79 Stimmen.
Reichert hatte sich als Kompromisskandidat zwischen den Flügeln angeboten. Das bisherige Bild der Kräfteverteilung schien sich auch diesmal beim Parteitag wieder zu bestätigen: die Hampel-Unterstützer kamen vor allem aus Hannover, Braunschweig und Uelzen-Lüchow-Dannenberg, während die Hampel-Kritiker im Nordwesten, im Raum Göttingen und im Umland von Hamburg besonders stark sind. Im Februar, bei der Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl, waren die Befürworter des Landesvorsitzenden dominant gewesen, das hatte damals daran gelegen, dass die kritischen Verbände dem Termin weitgehend fern geblieben waren. Das war jetzt anders, die Gegner hatten stark mobilisiert und damit bei vielen Teilnehmern ein Gefühl der Ratlosigkeit über die Machtverhältnisse beim Parteitag ausgelöst. Das wurde noch verstärkt durch eine ungewöhnliche Tagungsstrategie, die vor allem auf Konfrontation statt Verständigung setzte.
Zu Beginn der Veranstaltung am Sonnabend war noch viel von Annäherung und Verständigung die Rede gewesen. Guth sagte, in der AfD gebe es keine Feinde, alle müssten zusammenarbeiten. Hampel meinte, Geschlossenheit sei wichtig, denn der Gegner stehe „außerhalb der Partei“. Aus Baden-Württemberg war extra der neue Landesvorsitzende Ralf Özkara angereist, um „Einigkeit, Einigkeit und noch mal Einigkeit“ als Botschaft zu übermitteln. Als dann der Parteitag begann, brachen die alten Konflikte ziemlich schnell wieder aus. Zunächst wurde die Presse ausgeschlossen, und als Lars Seemann aus Stade, ein Hampel-Kritiker, dagegen ein flammendes Plädoyer hielt, wurde er ausgebuht.
Hinter verriegelten Türen hielt Hampel dann einen Rechenschaftsbericht, den einige Zuhörer als „Anklage“ an seine Kritiker, andere gar als „Hinrichtung“ bewerteten. Der Vorsitzende hatte offenbar die Absicht, seine eifrigsten Kritiker Guth, Seemann, Thorben Freese (Osterholz) und Jens Krause (Harburg) nicht etwa einzubinden, sondern einzuschüchtern und auszugrenzen. Ihnen hielt er angeblich Kontakte zu Journalisten vor – und soll gesagt haben, dass jeder, der negativ über die Partei mit Presse-Vertretern spreche, mit einem Parteiordnungsverfahren bestraft werden könne.
Anschließend wurde dann, wie es die Hampel-Kritiker wollten, lange über Vorwürfe gegen den Vorsitzenden diskutiert: Dass er ihm nicht wohlgesonnene Kreisvorsitzende übergehe und im Lande zu eigenen Veranstaltungen einlade, dass er Guth mit unbewiesenen Rechtsextremismus-Vorwürfen überzogen habe oder dass Vorstandsmitglieder es gebilligt hätten, als Freese vom Leiter der AfD-Programmkommission im Nazi-Jargon attackiert wurde. Die Aussprache darüber war heftig, und Beobachter registrierten in der Versammlung am Sonnabend mit 360 Mitgliedern etwa ein Drittel Hampel-Anhänger, ein Drittel Hampel-Gegner und ein Drittel Unentschiedene. Ob es Taktik des Hampel-Lagers war oder nicht: Es wurde über die parteiinterne Kritik am Sonnabend so lange diskutiert, dass keine Zeit mehr für die Wahl des Vorstandes blieb und dieser Punkt auf den Sonntag verschoben werden musste.
Dahinter kann mal Kalkül vermuten: Da die treusten Hampel-Freunde aus Hannover kommen, seine ärgsten Kritiker aber aus weit entlegenen Regionen, hatten es die Hannoveraner am zweiten Tag leichter, zur Fortsetzung des Parteitags in das Bürgerhaus Hannover-Misburg zu kommen. Viele andere mussten dafür aber erst noch kurzfristig ein Hotel buchen. Tatsächlich fiel die Mehrheit für Hampel dann am Sonntag deutlicher aus als es Beobachter für Sonnabend vermutet hatten.
Guth und Reichert traten bei den Vize-Wahlen noch an, scheiterten aber gegenüber Jörn König (Hannover) und Wilhelm von Gottberg (Lüchow-Dannenberg). Nach seiner Wahl erklärte Hampel vor Journalisten, manche seiner Gegner seien „von anderen Parteien gesteuert“ und verfolgten das Ziel, die AfD zu „unterwandern“. Dies zeige sich etwa an der hohen Zahl von Schiedsgerichtsverfahren und Einsprüchen gegen die Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl. Er denke, dass einige der Gegner jetzt „von selbst die Konsequenzen ziehen“ würden.