Olaf Lies | Foto: Henning Scheffen

Viele Leute vergleichen Olaf Lies, den Wirtschaftsminister, mit dem einstigen Bremer Bürgermeister Henning Scherf. Scherf war nicht durch großartige Reden bekannt geworden, auch nicht durch eine besonders geschickte, mutige oder aufsehenerregende Landespolitik. Die Stärke dieses hochgewachsenen SPD-Politikers war seine Herzlichkeit, seine Eignung als „wandelnder Vermittlungsausschuss“. Wo immer er auftrat, verbreitete er Empathie, die Bereitschaft zum Zuhören und zum Zusammenführen. Die scharfe Abgrenzung vom politischen Gegner, die in manchen Debatten sein muss und auch gepflegt wird, ging nie so tief, dass hinterher das Tischtuch zerschnitten gewesen wäre. Das alles gilt eben auch für Olaf Lies. Er hat in manchen Diskussionen, etwa über die E-Autos, den technologischen Wandel und die Herausforderungen der Industrie, sehr harte Positionen vertreten. Diese fielen wohl auch deshalb so vehement und deutlich aus, weil Lies als Ingenieur die Probleme auch von der technischen Seite her betrachtet. Daneben war es Lies wichtig und es ist ihm wichtig, die menschlichen Kontakte zu halten und Brücken zu bauen. Er umarmt die Leute – und auch die politischen Gegner. Das gilt für Gewerkschafter wie für Arbeitgeber. Diese offene, herzliche Art ist für ihn oft der erste Schritt, Kompromisse zu schmieden. In dieser Legislaturperiode fallen einige Krisen auf, in denen Lies als Manager gefragt war – bei der Meyer-Werft beispielsweise oder auch bei Volkswagen. Sein Meisterstück war die Reform der Niedersächsischen Bauordnung, die ein wichtiges (vielleicht auch das einzige klare) Zeichen der Landespolitik für erfolgreichen Abbau von Vorschriften ist. Über all die Jahre blieb er loyal zu Stephan Weil, das dürfte ihm jetzt den Aufstieg ins Ministerpräsidentenamt erleichtern.